1652 – 1689: Chronologie zur Schiffahrt, Stadtentwicklung, des Verkehrs und insbesondere ein Beitrag zum Mythos „Hafen in Neustadt“

1: 1269 bis 1648
2: 1652 bis 1689
3: 1727 bis 1800
4: 1806 bis heute

1652

Aus dem Jahre 1652 stammt der Merianstich, der Neustadt vom Ostufer der Leine aus zeigt. Im Vordergrund sind drei Holzbrücken zu sehen, die später durch die heutigen Steinbrücken ersetzt worden sind. Auf diesem Stich ist nördlich des Schlosses eine von der Schlosszufahrt überspannte Wasserfläche zu erkennen. Die flussseitig dargestellte Mauer oder Abgrenzung schließt das Vorhandensein eines „Hafens“ aber zuverlässig aus. Rühling hat die im Stich dargestellte Ansicht in einen Lageplan übertragen. Bei der hier dargestellten Wasserfläche ist eine Übereinstimmung mit dem oben, von Amtmann Wissel beschriebenen „Blindgraben“, der auch Abflussaufgaben für die Entwässerung der westlichen Land- und Morastflächen hatte, denkbar

Merian Stich von Neustadt am Rübenberge von 1652

Merian Stich von Neustadt am Rübenberge von 1652Nach Winkel war die Stadt zur Ostseite also zur Mühlenkanalseite hin mit einem Palisadenzaun gesichert, der sich vom Schlossgraben bis zur Mühle zog. Tatsächlich wurden bei den Ausbaggerungsarbeiten für den „Neuen Hafen“ im September 2006 Palisaden freigelegt, dazu ist aber keine kompetente Aussage bekannt, ob es sich tatsächlich um einen historischen Rest handelt.
Von jeher hatte die Leine Hochwasserprobleme bereitet, von Zeit zu Zeit haben verschiedene Chronisten davon berichtet. Hochwasser war der Schiffahrt natürlich nicht dienlich, diese konnte sich nur auf sommerliche Zeiten -bei nicht zuviel Trockenheit- beschränken. Hochwasser führte zu Verschlammung, Verlandungen und Sandablagerungen, sodass auch deshalb von jeher künstliche „Hafen“-Anlagen auszuschließen sind.1667Am 16. Dezember ist ein Hochwasserdurchbruch des Mühlenkanals zur Leine.“ (Quelle: Plan des Durchbruches, Rühling, S.355)

Die Leineübergänge erfolgten bis zum Bau steinerner Brücken mittels hölzerner Brücken bzw Stege. Es wird 1674/75 berichtet:

„ Dem Zimmermann Jost Pacht, daß er die vom Eis weggerissene Leinebrücken wieder gebessert item die Lauwenbrücke woran ein ganz neues Joch gemacht werden mußte.“ Quelle: Amtsreg. Hann. Geldregister Neu S.207

Nachdem die Festungswerke der Stadt Neustadt 1675 abgetragen sind, wurde von den erworbenen Quadern und Steinen eine Schleuse gebaut, welche der Schifffahrt auf der Leine dienen soll. Bei dem Bau der Schleuse ist ein kleiner Arm der kleinen Leine, welcher über die Niederung des Amtswerders zwischen den beiden Leinebrücken hindurchführte, zugeschüttet worden. Die frühere Poggenbrücke ist daher (1675) in Wegfall gekommen. Die Schleuse wurde im Jahre 1748 fertig gestellt. Zur Hebung der Leineschifffahrt wurde im Jahre 1752 die kleine Leine vertieft und hierfür 1079 Taler ausgegeben. 1754 wurden zur Beschaffung des nötigen Fahrwassers im Schleusenkanal 138 Taler, 8 mgr. verwendet, wovon die Stadt die Hälfte trug. (aus Barby)

Bis dahin, so vermutet Klages, sollen bis zum Bau der eigentlichen Schleuse die Boote mittels einer „Sandschleuse“ quer durch den Mühlenwerder von der großen zur kleinen Leine gelangt sein.

1676

Jost Pacht erhält Geld für Reparaturarbeiten an der (hölzernen) Leinebrücke so das Eis weggerissen.“ (Quelle: Amtsreg. Hann. Geldregister Neu S.155)

1682

In diesem Jahr soll es nach Berichten großes Leinehochwasser in Neustadt gegeben haben. Die Wasserflut der Leine habe sich in den Gassen von Neustadt gestaut. (Quelle: Akte des Wasserbauamtes Celle)

1686

Im Mai 1686 erging der formale Befehl zum Bau der steinernen Brücke in Neustadt, unterzeichnet vom Herzog Ernst August in Venedig

Von Gottes Gnaden Ernst August [….] Was massen wir uns gnädig gefallen lassen, daß zur Neustadt am Rübenberge anstatt der hölzernen eine steinerne Brücke über die Leine gebaut und mit Anschaffung der Materialien dieses Jahr ansonsten Eurem Vorschlage nach verfahren werde, maßen Ihr noch darunter die Beschleunigung werdet angelegen sein lassen […] .

Historische Zeichnung der Löwenbrücke in Neustadt

 

Barby trägt dazu folgende Ergänzungen bei:

Neustadts Funktion als geschlossene Stadt ging damit dem Ende entgegen. Wallmauern und Kasematten mussten als Steinbrüche für die anstehenden Baumaßnahmen herhalten. Das System der westlichen Festungsgräben verlandete und wurde gänzlich durch die Ausschüttung von Straßendämmen anstelle der Brücken unbrauchbar gemacht.

Am 18. Februar 1686 unternahmen der Amtmann Voigt und Brandt Westermann

bei den Kammerräten einen entscheidenden Vorstoß, der die Bauausführung der Leinebrücke von nun an bestimmen sollte. Alle Planungen waren bis dahin von einer Brücke mit Steinpfeilern und hölzernem Oberbau ausgegangen. Jetzt wurde vorgeschlagen, die Brücke gleich von Anfang an mit steinernen Bögen und Gewölben zu bauen, sodass am Ende das Bauwerk kostengünstiger und im Oberbau wirtschaftlich im folgenden Sommer ohne große Schwierigkeiten zu errichten war. Es folgte die Gegenüberstellung der Kosten für Steinpfeiler mit Holzoberbau und die Ausführung ganz in Stein. Ergänzt wurde dieser Anschlag am 31. Januar 1687 und 30. Mai 1687 durch Vermerke von Voigt und Westermann, in denen die wesentlichen Fragen des Bauwerks und des Bauablaufes festgelegt wurden. Der endgültige Standort der Brücke wurde „etliche Ruthen aufwärts dem Strom“ festgelegt, denn die alte Brücke musste während der Bauzeit weiterhin dem Verkehr zur Verfügung stehen. Das westliche Widerlager sollte auf der schon bei Merian dargestellten Leineinsel angelegt werden, das östliche direkt am steileren Ostuferhang gesetzt und die Pfeiler in den Strom gestellt werden, der während der Bauzeit zwischen Insel und östlichen Ufer abgedämmt würde.

Diese Entscheidung führte zu einem teilweise neuen Flussbett für die Leine. Der Stromverlauf lag nun in einem flacheren Bogen näher am östlichen Uferrand. Nach einem Bericht des Amtmanns Voigt an die Kammerräte vom 1. August 1687 sollten im August die Brückengewölbe durch den Maurermeister Johann Crotogino völlig geschlossen sein. Auf die östlichen Torpfeiler wurden zwei Löwenfiguren gesetzt. Es gibt Vermutungen, dass diese Löwen eventuell vom Gesims des Löwentores stammten. Dort befanden sich drei Löwenfiguren, wovon nach Abriss des Tores zwei hier ihren Platz fanden. Die Fertigstellung der Brücke erfolgte in den Monaten September und Oktober 1687.“ (Zitat aus Barby

1687

Und Rühling schreibt:

Vor 1687 verlief das natürliche Flussbett der Leine mit einen größeren Bogen, um eine Strombreite weiter westlich vom relativ steilen Uferhang des Ostufers entfernt und schnitt damit die härteren Schichten der unteren Kreideformation erst etwas tiefer an. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die bis 1687 bestehende westliche natürliche Flussbettsohle etwas tiefer als die heutige östliche eingeschnitten war und es damit dem von Peters beschriebenen mittelalterlichen Schiffsverkehr durchaus möglich war, den Neustädter Flussabschnitt bei normalen Wasserstand ungehindert zu passieren. Jedenfalls sind aus diesem Zeitraum keine Berichte über natürliche Hindernisse im Neustädter Leineabschnitt bekannt, wie sie nach 1687 im neuen Flussbett offensichtlich die Regel war. Die Folgerung daraus ist, dass nicht die heutige, sondern die bis 1687 bestehende hydraulische und topografische Situation im Bereich des Flusstales östlich und südöstlich der mittelalterlichen Burg und der Stadt Neustadt die Grundlage der Festungsplanung bildete. (Quelle: Rühling)

Die förderste Leinbrücke alß genannte Mühlenbrücke abgenommen und vorläufig weggestellt, 7.- 20. März 1687 wieder in Stand gebracht [neue hölzerne Brücke].

In diesem Jahr scheinen auf Grund der Einträge im Amtsregister Hannover, Neustadt am Rbge. (Geldregister) die Arbeiten zum Bau der steinernen Leinebrücke begonnen zu haben. (Hand- und Spanndienste) Bis zum Rechnungsjahr 1695 werden 6025 Taler für den Bau aufgewendet. (Quelle Barby-Stumpenhausen, Geldregister Neu)

Nach dem Dreißigjährigen Kriege war Neustadt in Hinsicht auf den fortifikatorischen Wert seiner Befestigung einer offenen Stadt gleichzuachten. Man konnte also dem Verkehrsbedürfnis darin nachgeben, daß man die leichten Holzbrücken des Leineüberganges- wie sie Merian (Autor Buno) im Bilde zeigt- durch feste, aus Stein, ersetzte. Den Neubau der Brücke über den Leinefluss nahm man zuerst in Angriff und brachte ihn bis September 1687 so weit, dass man sich „für schade (des Winters) gesichert“ halten durfte. Quader und Hausteine waren zum Teil vom Walle (aus den Kasematten) genommen, teils aus Barsinghausen bezogen. Die Bauleitung hatte der Bauverwalter Brand Westermann und der „Leutenant und Ingenieur“ Francken; die Ausführung besorgte der Maurermeister Crotogino. 1689 war der Bau dieser ersten Brücke fertig. Von der Mühlenstrombrücke konnte damals- anscheinend der Kostenüberschreitung wegen (5. Dezember 1687 „[…] die Abdämmung der Leine (habe) darumb so viel gekostet, weil man das Waßer auß dem felsigten Grundt nicht faßen können- nur ein Joch in Holz erneuert werden“. (siehe Staatsarch. Han; Han. Des. 88 A Amt Neustadt H 11 I).

Im Sommer verzeichnete man 4 große Leineüberschwemmungen.

Adressen und Ortsangaben zu wichtigsten Themen dieses Beitrags:

Der sogenannte Neustädter Hafen befindet sich in der Schloßstraße, 31535 Neustadt am Rübenberge

weiter zu Teil 3:Mythos Hafen 3 – Über Hochwasser, Brücken, Scheusen, Pläne, Schifffahrt und Hafen in Neustadt 1727 bis 1800


 

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