1. Anfänge
2. Eigentümer, Pächter, Verhandlungen
3. Verwaltungssachen- Von der Gutsgemeinde Grossmoor bis zur Eingemeindung.
4. Die Bewohner in GroßMoor -Lebensumstände und Schicksale im Moor
5. Über Arbeitsbedingungen – Torfarbeiter, Tarife und Baracken
6. Kriegsgefangene im 1. Weltkrieg -Arbeit im Moor
7. Zwischen den Kriegen – Baracken weichen Gebäuden mitten im Moor
8. Die Holländer -Gastarbeiter zum Torf stechen
9. 1939 bis 1945 – Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene
10. Nach dem Krieg – Grossmoor ist bis mindestens 1966 noch bewohnt
11. Das Moor brennt -Das Großfeuer vom 15. Okt. 1959- mehr als 1 Mio DM Schaden
12. Totes Moor 1960 bis heute -Ausflügler im Moor, Eintrittsgelder und Danksagungen

Die Bildung der selbständigen Gutsgemeinde als selbstständige Verwaltungseinheit, wenn auch unter der örtlichen Aufsicht eines Försters, setzt dort wohnende Menschen voraus. Über ihre Lebensumstände ist wenig bekannt.

Von Strousberg wissen wir, dass er für seine Arbeiter Wohnraum, jedoch in der Nähe der Eisenhütte in Neustadt am Rübenberge, geschaffen hat. Dass seine Nachfolger im Moor auch so fürsorglich waren, ist zu bezweifeln, wie aus der umfangreichen Korrespondenz aus jener Zeit hervorgeht.

Bevor der Vertrag mit Herrn von Bandel geschlossen worden war, war ein Kommerzienrath Cohn Pächter des fiskalischen Moores. Über ihn erfahren wir in folgenden Schreiben vom 30.Juni 1882:

Landdrostei Hannover
Hannover, den 30.Juni 1882
5394
Aus den uns mittelst Bericht vom 17/21. März
überreichten Akten haben wir ersehen, daß in
dem eine selbstständige Besitzung bildenden
fiskalischen großen Moore von dessen Pächter,
Kommerzienrath Cohn hierselbst, Arbeiter
Wohnungen im Jahre 1878 errichtet sind.
Sofern diese Wohnungen in Benützung
genommen sein sollten, wünschen wir zu
erfahren an welcher Stelle die Bewohner bei der
Volkszählung im December 1880 und der Be=
rufsstatistik im Juni aufgeführt worden sind, da
das grosße Moor unter den zum Amte
Neustadt a. Rbge gehörigen Landgemeinden
und selbstständigen Besitzungen gesondert
nicht aufgeführt ist.
Auch ist uns anzuzeigen, wer als Vertreter des
großen fiskalischen Moores der Obrigkeit
gegenüber bestellt ist

An den Königlichen Amtshauptmann
Herrn von Schwarzkopf
Hochwohlgeboren
Nr 7419 Neustadt a. Rbge

Im Vertrag mit Bandel 1881 sind Regeln über die Beschäftigung
und Unterbringung von Arbeitern nicht enthalten. Allerdings
bemerkt der Amthauptmann aus Neustadt, von Schwarzkopf:

Seitens dieser Gesellschaft (von Bandel) werden auf
dem Moore jetzt mehrere Hundert von allen Seiten
her zusammengeworbene Arbeiter beschäftigt, zu
deren Unterbringung Hütten auf der Besitzung mitten
im Moore errichtet sind. Durch verschiedene unnütze
zu dieser fluctuierenden Arbeiterbevölkerung
gehörende Subjecte ist bereits in einer Mehrzahl von
Fällen ein Einschreiten der Gendarmerie nothwendig
gemacht und erscheint somit jetzt die Überweisung
der Besitzung „Gr Moor“ zu einem bestimmten
Patrouillenbezirk erforderlich.
Derselbe grenzt an die Bezirke des Gendarmen
Ziegler zu Wunstorf, sowie Schulke und Strauch II zu
Neustadt a. Rbge. Ich erlaube mir daher ergebenst
vorzuschlagen, dasselbe dem Gendarmen Strauch II
zu Neustadt a. Rbge zur möglichst häufigen
Patrouillierung zu überweisen, was auch schon aus
dem Grunde zweckmäßig sein dürfte, weil der
berittenene Gendarm Schulke zu Pferde nicht wohl im
Moore seinen Dienst thun kann. Um thunlichst
baldige Mitheilung des hiernach Verfügten darf ich
ergebenst ersuchen.

Die Gendarmerie Brigade nimmt sich der Sache an und berichtet am 20. Juli 1882 an das Königliche Amt, wobei die kargen Wohn- und Lebensverhältnisse im GroßMoor sichtbar werden:

Bericht
über eine höchst erforderliche
polizeiliche Überwachung der
Arbeiter auf dem Königl. Moore

Dem Königl. Amte erlaube ich mir ganz ergebenst
nachstehenden Bericht vorzulegen.
Nach meiner Erkundung und Überzeugung befinden
sich auf dem Moore bei Neustadt a. Rbge, was der
Herr von Bandel aus Hannover EisenStraße 1 auf
viele Jahre in Pacht hat, ungefähr 180 Arbeiter,
welche aus allen Himmelsgegenden sind und werden
täglich noch mehr angenommen.
Auf dem Moore befinden sich 31 Baracken, wovon
5 bereits bezogen sind und die anderen in
bewohnbaren Zustand gesetzt werden, jede ist zu 12
Mann eingerichtet. Am Sonntag den 18. dieses
Monats erfuhr ich nun, daß in der Nacht vom 14.
zum 15.in die dort befindliche Baracke ein Einbruch (…)
verübt worden sei und begab ich mich am Montag dort
hin und gelang es mir nach angestellten Recherchen
die Thäter als die Arbeiter Heinrich Jehle und Heinrich
Waßmann aus Bordenau, welche dort beschäftigt
sind, zu ermitteln, beide wurden sofort verhaftet und in
das hiesige Amtsgefängnis überliefert, auch
ermittelte ich noch folgende Arbeiter, die das
Einbrechen gesehen hatten und doch keine Anzeige
davon machten trotz dem sie die Thäter kannten,
Wilhelm Segelke, Wilhelm Müller, Wilhelm
Scharnhorst und Friedrich Engelke sämmtlich aus
Bordenau, dieselben wurden ebenfalls angezeigt,
selbst der Gastwirt August Nölke aus Gr. Heidorn
machte vom Einbruch keine Anzeige und ermittelte
ich bei der Untersuchung, daß er ohne
Concession ausschenkte, was ich ihm sofort
untersagte und ihn wegen Gewerbesteuer anzeigte.
Da nun vorraussichtlich noch wieder Verbrechen und
Vergehen daselbst vorkommen werden wie z. B. Feld
und andere Diebstähle, denn die Leute kochen sich ihr
Essen selbst in den Baracken und werden sich gewiss
nicht immer die Lebensmittel kaufen, da es nach
jedem Orte sehr weit ist und im Moore keine Früchte
wachsen so wäre es wohl höchst erforderlich, daß
über sämmtliche Leute eine strenge Überwachung
käme und zwar ein Vorsteher bei dem sich ein jeder
an und abmelden muß sowie ein FußGendarm, da ein
berittener im Moore nicht durch kommt und die
Wege nur schmal und schwer passierbar sind.
Die Entfernung von Neustadt a Rbge bis zu
der ersten Baracke im Moore ist eine
kleine Runde, bis zur letzten 2 kleine und (…).

Strauch II
Fuß Gendarmerie der 10.ten Gendarmerie Brigade
Gendarmerie Brigade untersucht Siedlung im Grossmoor

Der Gendarm Strauch hat eine Bericht zur Wohnsitution in Grossmoor verfasst

Der Gendarm Strauch hat eine Bericht zur Wohnsitution in Grossmoor verfasst

Dem Bericht ist zumindest zu entnehmen, dass Teile der Arbeiterschaft aus der weiteren Umgebung von Neustadt kamen.
Mit den „Wohnquartieren für die Arbeiter“ scheint es jedoch so arg bestellt gewesen zu sein, dass die Landdrostei Hannover in der Notiz vom 19.Dezember 1882 feststellt:

Finanz Direction Hannover, den 19.Dez..1882
Abtheilung für Forsten
Abschrift copia ad acta
Aus dem gefälligen Scheiben vom 13.d. Mts No
17521, betreffend die Bestellung eines Vertreters für
die fiskalische Besitzung „Großes Moor“ bei Neustadt
a. Rbge, glauben wir entnehmen zu müssen, daß
Königliche Landdrostei bezüglich jener Besitzung von
Voraussetzungen ausgeht,welche tathsächlich nicht
bestehen.
Auf dem Großen Moore sind „Häuser“ überall nicht
vorhanden auch kann (…) der Begriff einer
„befriedeten Besitzung“ auf das Große Moor keine
Anwendung finden.
Die dort befindlichen Bretterbuden dienen zur
Beschaffung eines vorübergehende Obdachs für die
Moorarbeiter während der Sommermonate und sind
gegenwärtig sämmtlich unbewohnt, können auch
überhaupt ihrer Einrichtung und Beschaffenheit nach,
da sie heizbare Räume nicht enthalten, als eigentliche
Wohnungen für Menschen durchaus nicht benutzt
werden Nur die s.g. (…)bude am öffentlichen Eingange
zum Moor, welche übrigens auf einer zur Neustädter
Gemarkung gehörigen fiskalischen Moorfläche sich
befindet, besteht aus Fachwerk, welches mit
Mauerziegeln ausgemauert ist, sie hat jedoch nur
einen Flächeninhalt von 9 qm und kann daher als
Wohnung ebensowenig benutzt werden wird auch
gegenwärtig zu solchem Zwecke tathsächlich nicht
benutzt
Wir sind hiernach nicht in der Lage, für die fiskalische
Besitzung Großes Moor einen auf dem Moore
wohnenden Vertreter bestellen zu können.

Gez Rettstadt

Landdrostei Hannover , Hannover, den 5. Jan. 1883

Daraufhin machen sich am 11. Januar 1883 der Amthauptmann mit dem Fußgendarmen Strauch II und dem Aufseher Hibbe auf den Weg, um sich selbst ein Bild der Zustände in der „Colonie im Großen Moore“ zu machen. Der Weg verläuft als einfacher Moordamm schnurgerade neben einer doppelgleisigen schmalspurigen Pferdebahn, bis zu den 5 km entfernten 28 Baracken. Diese stehen etwa 50 Schritt voneinander entfernt, haben Fenster und Türen und sind mit Dachpappe gedeckt. „(…) Zu jeder Abteilung befindet sich eine Pritsche zum Schlafen für 6 Personen, ein Tisch und eine Bank. Sämtliche Baracken gewähren dafür 336 Menschen Unterkommen.“ (Reg Arch KA NRÜ 663)

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Skizze der Unterkünfte Groosmoors -Auf einer Pritsche lagen bis zu 6 Personen

Spätestens seit 1908 wohnen hier nicht nur alleinstehende Arbeiter, es haben auch schon Familien ihren Platz gefunden. Das geht unter anderem daraus hervor, dass 1909 Gustav und Otto Noske als Mooraufseher aktenkundig werden, deren je 2 Kinder nach Neustadt zur Schule gehen müssen und für die die Firma „Torfverwertung Poggenmoor“ Gastschulgeld an die Stadt zu zahlen hat.

Ein Schreiben vom 20. Januar 1909 trägt den Briefkopf „Torfverwertung Poggenmoor“. Daraus geht hervor:

-Gutsvorsteher des Grossen Moores ist Herr Oberförster Jung in Dedensen, dh. es ist noch fiskalisches=staatliches Eigentum und untersteht der Königlichen Regierung, Abteilung für Steuern Domänen und Forsten

-In Großmoor wohnen bereits die Mooraufseher Otto und Gustav Noske, diese haben Kinder, für die Dyckerhoff bereits seit 1908 Schulgeld zu zahlen hat.

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Bewohner von Grossmoor im toten Moor. Im Hintergrund die Baracken.

Bewohner von GroßMoor in den 20er Jahren

Aus dem Jahre 1925 stammt die Bürgerliste für die – immer noch -Guts Gemeinde Grosses Moor, Kreis Neustadt a, Rbge, in der immerhin 64 Wahlberechtigte im Alter von 21 bis 65 Jahren, davon die Hälfte Frauen, meist als Arbeiterin, aufgezählt werden. Nach Feststellung der Kirche handelt es sich zumeist um deutschstämmige Polen! Davon sind aber schon 22 Personen wieder teils unbekannt verzogen.

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Auch 1929 besteht noch der Wahlbezirk II, in dem auch Gross- Moor aufgeführt ist.

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Bürgerliste der Bewohner. Erst ab 1928 Neustädter Bürger.

Immerhin stehen im Adressbuch von 1949 unter der Adresse Großmoor immer noch mind. 53 Eintragungen. Von einigen Ausnahmen abgesehen sind allerdings meist andere Nachnamen als 1929 verzeichnet. Das mag der natürlichen Fluktuation geschuldet sein, kann aber auch mit der allgemeinen Wohnungssitiuation nach dem Krieg zusammenhängen. Noch im Adressbuch von 1958 ist Groß Moor als postalische Adresse angegeben.

Weiter zur: 5. Über Arbeitsbedingungen – Torfarbeiter, Tarife und Baracken