Das Scharnhorst Denkmal in Bordenau

Die Gedenktafel für drei Gefallene Neustädter im Kriege 1870/71 aus dem Jahre 1872

Das Kriegerdenkmal für Gefallenen von 1866 und 1870/71 auf dem Kirchplatz

Das Kriegerdenkmal 1914/1918

Das Kriegerdenkmal 1939- 1945


Schon direkt nach dem Feldzug 1870/71 und der Reichsgründung wurde am  2. September 1872  in Neustadt am Rübenberge eine Kriegerkameradschaft gegründet. (Klages S. 192, und belegt durch ein Schreiben der Kriegerkameradschaft vom 24.8. 1942 an den Bürgermeister „Am 20. Sept. ds. Js. sind 70 Jahre verflossen, daß die hiesige Kriegskameradschaft besteht“, Reg Arch Han, NRÜ II 1188).

Die Aktivitäten der Kriegervereins waren wohl 40 Jahre lang unauffällig. Die in der Liebfrauenkirchen hängende Gedenktafel an die Gefallenen aus diesem Krieg reichten aus.  Es sind jedenfalls keine weiteren Dokumente über diese Kameradschaft zu finden.

Erst 1912/13 wurde wohl durch die Kriegerkameradschaft Neustadts angeregt, dem „Franzosenkrieg“ von 1870/71 zu gedenken und ein Denkmal zu Erinnerung and diesen Krieg wurde geplant.

Was gab den Anstoss, nach jetzt über 40 Jahren, der toten Kameraden durch ein grosses Denkmal für die Gefallenen aus dem gesamten Landkreis zu gedenken?

Die lange Zeitspanne zwischen dem Krieg und der Errichtung eines Denkmals zeugt von einem Wandel in der Wahrnehmung der eignene Nationalität.

Unmittelbar nach dem Krieg 70/71 und auch in den folgenden Jahrzehnten nach der Gründung des Deutschen Reiches hatte sich eine  Selbstwahrnehmung als geeinte Nation noch nicht unmittelbar manifestiert.  Welfische Kreise konnten im neunzehnten Jahrhundert den Verlust der hannoverschen Souveranität 1866 an die Preussen noch nicht akzeptieren. Der preussisch dominierte Krieg 70/ 71 war nicht ihr Krieg, dem besonders gedacht werden sollte. Es gibt sogar noch 1913 vereinzelte Belege, dass sich Teile der sich noch als Welfen bezeichnenden Bevölkerung sogar ihre Unabhänigkeit vom Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen anstrebten. So brachte der Graf von Schulenburg- Hehlen von der Braunschweigischen Rechtspartei einen Trinkspruch auf den (braunschweigisch- welfischen d. V.) Herzog von Cumberland aus und stellte die Forderung, dass

„…die Welfen müssten jetzt die Wiederherstellung des Königreichs Hannover vom Kaiser erbitten, denn weder unser Herzog noch der Prinz Ernst- August haben verzichtet. Darin liegt die Richtschnur unseres Handels“.(Leinezeitung 28. Juni 1913)

Und der Reichstagsabgeordnete Frhr. von Schele betont:
„..dass es ewige Zeiten in der Weltgeschichte nicht gebe und die Hannoveraner nicht ewig Preussen bleiben würden, ebenso wenig, wie sie nicht „Franzosen“ und „Westfalen“ geblieben seien“. (Leinezeitung 28. Juni 1913)

Es gab immer noch Vorbehalte gegen Preussisches. So gab es in Neustadt auch keine Feier zu Ehren der 25 jährigen Thronbesteigung durch Kaiser Wilhelm II.  (Erst 1917, mitten im Krieg, fand noch eine Geburtstags-Parade für den Kaiser statt.)

Doch diese Sicht wandelte sich. Der Vorsitzende des Kreiskriegerverbandes von Neustadt, Sanitätsrat Dr. Stadtländer, erinnert in seiner Rede zur Einweihung des Denkmals an den „Erbfeind“ Frankreich, und hob die gewachsene Macht (gewachsen an innerer Tüchtigkeit und Kraft) des vereinigten Deutschlands hervor. Der Redner schafft den Spagat zwischen regionalem, welfischem Nationalgefühl einerseits und der neuen Verbundenheit des welfischen Hannovers mit dem Reichsgedanken und dem Grossmachtsdenken jener Zeit andererseits:

Und endlich war es Preussen, das unter der Führung seines Königs und seines grössten Staatsmannes  getreu seiner geschichtlichen Entwicklung diese grosse Aufgabe  in seine starken Hände nahm. Wenn es nicht möglich gewesen ist, sie zu lösen ohne Blut und Eisen und ohne einen Kampf von Deutschen gegen Deutsche, so wollen und dürfen wir darüber jetzt nicht mehr klagen, da wir wissen, dass auf beiden Seiten, also auch von unseren tapferen Hannoveranern, bei Langensalza das Blut vergossen ist für das alles versöhnende Werk der deutschen Einigung, die dann von allen deutschen Stämmen gemeinsam in dem grossen Kriege gegen den französischen Erbfeind errungen wurde,

Es ist die Kriegerkameradschaft von 1872 gewesen, die nach nunmehr 40 Jahren die Schaffung eines Denkmals forciert hat, wie in der Rede des Vorsitzenden, hervorhebt.

„Der Kreiskriegerverband hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Söhnen unseres Kreises ein Denkmal zu errichten aus Stein und Erz, ihnen zur Ehre und den zukünftigen Geschlechtern zur Mahnung“.

Die Ziele des Kriegervereins, seine Zusammensetzung, die Häufigkeit der Treffen, deren Themen, sind unbekannt. Er hat sich jedoch zu Zusammenkünften getroffen, wie der Leinezeitung v 1. März 1913 zu entnehmen ist.

Versammlung des Kriegervereins Neustadt am Rübenberge 1913

Versammlung des Kriegervereins Neustadt am Rübenberge (Leinezeitung März 1913)

Das Denkmal selbst stand in dieser Versammlung offensichtlich noch nicht zur Debatte, auch nicht seine Finanzierung und eventuelle Spendenaufrufe. Die Geldbeschaffung war auch zu jener Zeit nicht Sache der kommunalen Behörden. Das benötigte Geld wurde durch Spenden im ganzen Kreisgebiet aufgebracht. Die Höhe der Kosten ist unbekannt, auch ein Architekt ist nicht auszumachen.

Zunächst hatte das Geschehen in Leipzig, die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals, Vorrang. Selbst die kleinsten Orte begingen diese Jahrhundertfeier mit Fackelzügen, flatternden Fahnen, lodernden Holzstössen und weihevollen, von patriotischem Geist durchdrungenen Festreden, wie zum Beispiel in Basse durch Pastor Kühnhold.

Gleichzeitig fand am 18. Oktober ein Eilbotenlauf statt, beginnend in Lehe vor Bremerhaven auch über den Schneerener Krug und an Neustadt vorbei.

PRogramm zur Feier der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Dresden

Programm zur Feier der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Leibzig.“Der Gott der Eisen wachsen liess, der wollte keine Knechte“ (Ausschnitt aus der Leinezeitung vom 19.Okt 1913)

Auch in Neustadt wurde gefeiert. Verbunden mit der 100 jährigen Gedenkfeier der Völkerschlacht bei Leibzig wurde in Neustadt auf dem Marktplatz das Kreis-Krieger-Verbands-Denkmal zum Gedenken der im Kriege 1866 und 1870/71 gefallenen Soldaten eingeweiht.

Auch in Neustadt wird die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals zu Leibzig gefeiert.

Auch in Neustadt wird die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals zu Leibzig gefeiert.(Hinweise aus der Leinezeitung 1913)

Über den Ablauf der Gedenkfeier gibt die Leinezeitung ausführlich Auskunft, auch Dietrich Redeker hat das Geschehen sowie das Schicksal des Bauwerks in der Broschüre „Das alte Neustadt in heiteren Bildern“ ausgiebig behandelt.

Nachdem „sich eine „grosse Schar alter und junger Krieger, die alten mit ordensgeschmückter Brust“ in der Lindenstrasse versammelt hatte, ging es unter lustigen Klängen durch Neustadts Strassen zum Kirchplatz, allwo das Kriegerdenkmal des Kreiskriegerverbandes der Enthüllung harrte. Die Vereine nahmen vor dem Denkmal Aufstellung. In erster Reihe standen die Veteranen, ihnen gegenüber die Fahnenträger mit ihren Fahnen, daneben 10 Ehrenjungfrauen und eine stattliche Anzahl Offiziere und auswärtige Festgäste. (Leinezeitung v 27. Okt 1913)

Nach der Beendigung weihevoller Hymnen hielt der Vorsitzende des Kreiskriegerverbandes, Sanitätsrat Dr. Stadtländer, eine schmissige Rede (siehe Auszüge oben), in der hauptsächlich von vergangenen siegreichen Schlachten, von Vaterlandsliebe und Opferwilligkeit die Rede war. Nachdem die Hülle des Denkmals gefallen war, durfte des Vorsitzenden Töchterlein Else als Ehrenjungfrau ein offenbar selbstgeschmiedetes heroisches Gedicht aufsagen.

Das Kriegerdenkmal zur Erinnerung der Gefallenen des Landkreises in dem Krieg 1870/71. Erreichtet und eingeweiht 1913.(Foto: privat)

Das Kriegerdenkmal zur Erinnerung der Gefallenen des Landkreises in dem Krieg 1870/71. Erreichtet und eingeweiht 1913.(Foto: privat)

Ehrenjungfrauen 1913

1913: Einweihung des Kriegerdenkmals auf dem Kirchplatz in Neustadt - mit Ehrenjungfrauen.

Einweihung des Kriegerdenkmals auf dem Kirchplatz in Neustadt – mit Ehrenjungfrauen (Postkarte, 1913).

Nach Kranzniederlegung, Böllerschüssen und dem „Niederländischen Dankgebet“ ging es durch die Stadt zu den Festzelten. In der Bürgerhalle gab es eine prächtige Tafelrunde nur für die Herren. Die Damen durften sich später feiertäglich geschmückt zum Festball einfinden.

Das Denkmal befand sich neben der Leibfrauenkirche auf dem Marktplaz / Kirchhof von Neustadt. Es war sieben Meter hoch:  „Auf einer Art Sandsteinblock thronte ganz oben ein die Schwingen ausbreitender Bronzeadler. Unter ihm blickten aus bronzenen Medaillons Kaiser Wilhelm I., Bismark und die Marschälle Moltke und Roon. Weiter unten folgten die in Erz gegossenen Namen der dreiunddreißig Männer des Kreises Neustadt, die in den Feldzügen 1866 und 18707/ 71 gefallen waren. (Zitiert „Das alter Neustadt in heiteren Bildern“ von Dietrich Redeker )

Die Festteilnehmer konnten nicht ahnen, dass 9 Monate später mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges eine lange Friedenszeit jäh zu Ende gehen sollte.

Das Denkmal wurde Zentrum militärischer Ehren.

Militärparade am Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz in Neustadt

Militärparade am Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz in Neustadt (aus „Das alte Neustadt in Heiteren Bildern“ von Dietrich Redeker)

„Als das Denkmal noch als einziges Erinnerungsmal an Kriegstote aus dem Kreis Neustadt die Kirchenplatzmitte ennahm, schoss Fotograf Emil Köster diese Bild von der Kaisergeburtstagsfeier im Januar 1917. Vorne links die Mitglieder des Kriegervereins Neustadt mit Zylinder, an den übrigen Seiten Soldaten und Offiziere der in Neustadt liegenden Maschinengewehrabteilung. Das Denkmal war zur Feier flankiert von Maschinengewehren. Links ist die Alte Wache zu sehen.“(aus „Das alte Neustadt in Heiteren Bildern“ von Dietrich Redeker)

Das Denkmal überstand den 1. Weltkrieg offenbar unbeschadet.

Der Kriegerverein -  Leinezeitung vom 17.März 1921

Der Kriegerverein – Leinezeitung vom 17.März 1921

Im 2. Weltkrieg musste es seinen Zierrat aus Metall, den Adler und die Medaillons, für den Bau von Kanonen abgeben. So machte es einen arg ramponierten unwürdigen Eindruck. Schmierereien taten ihr Übriges. So war dem Denkmal keine Wertschätzung und nur eine 38 Jahre währende Lebenszeit beschieden. 1951 wurde beschlossen, den Kirchplatz umzugestalten. Der Stadtverwaltung, die bei der Einweihung die Schirmherrschaft über das Denkmal übernommen hatte, war es nicht gelungen, einen neuen Standort zu finden. Der Landkreis lehnte eine Aufstellung auf eigenem Gelände, dem Schlossplatz oder dem Amtsgarten ab. Der Abbruch war beschlossene Sache.

Das Kriegerdenkmal wird demontiert.

Das Kriegerdenkmal wird 1951 komplett demontiert. (Foto: privat)

Lediglich die bronzene Namenstafel blieb übrig. Sie wurde in die Nordwand des Kirchturmes von Liebfrauen eingefügt.

Bronzetalfe zur Erinnerung an die Gefallenen von 1866 und 1870/71 aus dem Kreis Neustadt am Rübenberge

Bronzetalfe zur Erinnerung an die Gefallenen von 1866 und 1870/71 aus dem Kreis Neustadt am Rübenberge

Quellen:

  • „Das alte Neustadt in heiteren Bildern“ von Dietrich Redeker, Verlag Sicius, ohne Jahresangabe.
  • Alle SW- Fotos mit Dank aus einem privaten Album Regions Archiv Hannover in Neustadt a. Rbge
  • Gerhard Schneider, Die Waterloogedenkfeier 1915, in Hannoversche Geschichtsblätter S. 207 ff
    HD 6/2012 und 11/2014

 

Historische Themen rund um Neustadt:

Weitere Artikel über die Geschichte der Stadt entdecken