Ende 2015 wurde das beliebte Gasthaus und Hotel Scheve in Neustadt am Rübenberge geschlossen. Es hatten sich keine Nachfolger mehr gefunden. So gingen ein großes Stück Neustädter Gastronomiegeschichte und damit auch eine lange Familientradition zu Ende.

Heusmann 1865- 1919

Unter der Adresse Landwehr 3 eröffnete Heinrich Heusmann 1865 ein Gasthaus. In einer Auflistung von Gastwirtschaften erscheint für den 18. Dezember 1870: „Heusmann, Heinrich, Landwehr 3, mit Gastwirtschaft und Ausspann, gut beleumdet, vor etwa 10 Jahren mit 4 Tlr. bestraft wegen Haltens von Gästen über die gebotenen Polizeistunde.“ Er verfügte demnach über 3 Logierzimmer mit 4 Betten, großen Gastraum und guter Stallung für 12 Pferde. (ARH NRÜ KA 1383)

Das ursprüngliche Gebäude, Vorder- und Wohnhaus, wurde Anfang der 1880ger Jahre abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Mit der Neuordnung „Straßenbezeichnungen und Hausnummerierung betreffend“ wurde die Anschrift für „Heusmann Heinrich, Gastwirt, Erben“ 1908 amtlich auf Marktstraße 21 geändert.

Gasthaus Zur Eisenbahn, um 1945, Aquarell des Neustädter Künstlers Fritz Sackewitz, nach einer älteren colorierten Zeichnung von Hans Bergler (Aus Privatbesitz Scheve)

Gasthaus Zur Eisenbahn, um 1945, Aquarell des Neustädter Künstlers Fritz Sackewitz, nach einer älteren colorierten Zeichnung von Hans Bergler (Aus Privatbesitz Scheve)

Offensichtlich ist der Blick auf das Anwesen von Osten aus dargestellt

Gemarkungsplan aus den 1880er Jahren: Gasthaus Heusmann in Neustadt am Ruebenberge

Gemarkungsplan aus den 1880er Jahren: Gasthaus Heusmann in Neustadt am Ruebenberge

Nach seinem Tod 1888 übernahm seine Witwe Johanna geb. Deiters die Wirtschaft. Sie veranlasste 1892 einen weiteren umfassenden Umbau des Vorderhauses. Das erhielt seine noch heute sichtbare Gründerzeit-Fassade.

 

Das ehemalige Hotel und Gasthaus Scheve August 2016 (Foto Dyck 8/2016)

Das ehemalige Hotel und Gasthaus Scheve August 2016 (Foto Dyck 8/2016)

 

Besonderheiten des Gründerzeit-Hauses: Der Giebel ist von einer handgeschmiedeten Wetterfarne geziert.

Besonderheiten des Gründerzeit-Hauses: Der Giebel ist von einer handgeschmiedeten Wetterfarne geziert. (Foto:Dyck)

 

Gründerzeit-Fassade in der Ackerbürgerstadt Neustadt am Rübenberge: Das südliche Giebelkreuz und der Aushangkasten zeigen das Entstehungsjahr dieses Gebäudeteils von 1892 (Fotos Dyck)

Gründerzeit-Fassade in der Ackerbürgerstadt Neustadt am Rübenberge: Das südliche Giebelkreuz und der Aushangkasten zeigen das Entstehungsjahr dieses Gebäudeteils von 1892 (Fotos Dyck)

Am 1. August 1914 begann der erste Weltkrieg, die Mobilmachung wurde verordnet. Daher erging am gleichen Tage an alle 12 Gastwirtschaften in Neustadt, so auch an „Frau Gastwirt Heußmann“, das Verbot des „Verabfolgens alkoholischer Getränke an Civil- und Militärpersonen bis zum 6. Mobilmachungstage“. Diese Anordnung wurde von Polizeisergeant Müller genau kontrolliert.

Die Witwe Heusmann starb 1916. Die Tochter Johanne stellte einen neuen Konzessionsantrag:
Zur Begründung des Gesuchs bemerke ich, dass in dem Hause schon seit fast 50 Jahren Gastwirtschaft betrieben ist. Die Wirtschaft wird im Wesentlichen von Landleuten besucht, welche auf ihren Fahrten nach Neustadt a./ Rbge. hier ausspannen. Es herrscht in der Wirtschaft ein durchaus ruhiger und ansprechender Ton.
Schon damals beantragte und erhielt das Gasthaus einen der wenigen Telefonanschlüsse mit der Telefonnummer 27!

1919 musste das Gasthaus –nach 54 Jahren in Familienbesitz- wegen Erbstreitigkeiten unter 3 Töchtern verkauft werden.

Annonce über den Gastwirtschaftsverkauf (Leinezeitung 15.3.1019)

Annonce über den Gastwirtschaftsverkauf (Leinezeitung 15.3.1019)

 

Zinne 1918- 1928

Der neue Besitzer wurde der Landwirt und Viehhändler Otto Zinne senior aus Otternhagen. Die 3 Schwestern Heusmann stellten ihm für die Erteilung einer Konzession folgendes Zeugnis aus:
Die Persönlichkeit des Antragstellers ist einwandfrei. Der Antragsteller ist unbestraft und erfreut sich besten Leumunds.

Und der Justitiar Rohlfing erklärt in einem weiteren Antragsschreiben an den Kreisausschuss, dass in dem Hause Marktstraße 21:
seit langen Jahren eine gut gehende und gut geführte Gast- und Schankwirtschaft betrieben (wird), welche insbesondere von der besseren Landbevölkerung gern besucht wird“.

Der neue Eigentümer stellt sich in der Leinezeitung vom 4. Oktober 1919 vor:

Das Gasthaus wechselt den Besitzer (Leinezeitung)

Das Gasthaus wechselt den Besitzer (Leinezeitung)

Den verehrten Einwohnern von Neustadt a. Rbge. und Umgebung zur gefälligen Kenntnis, daß ich die Gast- und Ausspannwirtschaft am Güterbahnhof von Geschwister Heusmann übernommen habe. Es wird mein Bestreben sein, die werten Gäste gut und zur Zufriedenheit zu bedienen. Hochachtungsvoll Otto Zinne.

Noch 1919 erwarb Otto Zinne sen. die unmittelbar vor dem Gasthaus von August Rischbieth errichtete Fuhrwerkswaage. Sie stand auf dem Gelände zwischen Marktstraße und dem Gasthaus, welches ursprünglich noch der Weidegenossenschaft gehört hatte. Das erklärt auch die etwas abgesetzte Lage des Gasthauses von diesem Teil Markstraße. Diese Waage war von Bedeutung, weil hier insbesondere Fuhrwerke gewogen wurden, deren zumeist landwirtschaftliche Güter mit der nahegelegen Eisenbahn transportiert werden sollten. Sie hat bis in die 1960er Jahre bestanden.

Postkarte um 1931: Gasthaus Scheve, Rechts das Wiegehäuschen der Fuhrwerkswaage. Auf dem Dach das Schild mit der Aufschrift „Scheves Gartenlokal“. In der Mitte der Kaffeegarten

Postkarte um 1931: Gasthaus Scheve, Rechts das Wiegehäuschen der Fuhrwerkswaage.
Auf dem Dach das Schild mit der Aufschrift „Scheves Gartenlokal“. In der Mitte der Kaffeegarten

Mit dem Namen Zinne verbindet sich ein anderes, besonderes Stück Neustädter Geschichte. Otto Zinne musste den Betrieb 1923/ 24 krankheitsbedingt schließen. Nach einem Aufenthalt in Schleswig- Holstein erwarb er einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Lindenstraße. Sein älterer Sohn Otto führte den Hof weiter, erst nachdem dessen Sohn 1971 tödlich verunglückte, gab er die Landwirtschaft auf. Auf dem ehemaligen Hofgelände an der Lindenstraße stehen heute Wohnhäuser.

Der jüngere Sohn Henry betrieb seit Anfang 1947 die legendäre Sommer- Gartenwirtschaft mit Kegelbahn auf dem Erichsberg. Dort wurde auch Sohn Henry Zinne jr. geboren. Als die Bürgerhalle wieder in Betrieb genommen werden sollte, erbot sich Henry Zinne, den Wiederaufbau vorzunehmen und richtete viele Jahre die Schützenfeste aus.

Konrad Scheve

Otto Zinne sen. verkaufte das Gasthaus in der Marktstraße 21 – wohl auch aus Krankheitsgründen- am 19. April 1928 mitsamt Nebengebäuden und der Fuhrwerkswaage an Konrad Scheve (1879- 1958).

Konrad Scheve aus Neustadt am Rübenberge während seiner Militärdienstzeit um 1900 (Foto: Scheve, Privatbesitz)

Konrad Scheve aus Neustadt am Rübenberge während seiner Militärdienstzeit um 1900 (Foto: Scheve, Privatbesitz)

Konrad Scheve mit Ehefrau Sophie um 1910 (Foto: Scheve, Privatbesitz)

Konrad Scheve mit Ehefrau Sophie um 1910 (Foto: Scheve, Privatbesitz)

 

Das Gasthaus Scheve und Güterschuppen der Bahnbetriebe (Foto: Scheve)

Das Gasthaus Scheve im Hintergrund. Im Vordergrund steht der Güterschuppen der Bahnbetriebe (Postkarte)

 

Der Landkreis Neustadt a. Rbge., bei dem eine Konzession beantragt wurde, war um den Leumund des neuen Eigentümers Konrad Scheve besorgt und fragte im Mai 1928 beim Bürgermeister von Scheves Heimatgemeinde, in Horsten bei Bad Nenndorf an:
… in welchem Rufe die Familie Scheve aus Bad Nenndorf stehe. Namentlich, ob Tatsachen vorlägen, welche die Annahme rechtfertigen, daß das Gewerbe zur Förderung der Völlerei, des verbotenen Spiels, der Hehlerei oder Unsittlichkeit missbraucht werden soll

Die Antwort lautete:
Die Familie Scheve ist als eine äußerst achtbare Familie anzusehen und wird im hiesigen Strafregister nicht geführt.

Von nun an erhielt das Haus den Namen „Gasthaus zur Eisenbahn“.

Konrad Scheve war aufgrund einer im 1. Weltkrieg erlittenen Verletzung taub. Somit war er nur eingeschränkt in der Lage, das Gasthaus angemessen zu führen. Daher wurde der Betrieb im Wesentlichen von seiner Ehefrau Sophie geführt, unterstützt von ihrer Schwägerin Wilhelmine.

In einer „Nachweisung über die in Neustadt am Rübenberge vorhandenen Gast- und Schankwirtschaften sowie Kleinhandlungen mit Spirituosen“ von 1930 werden 22 Lokale aufgeführt. Die größten Betriebe waren Lüders (später „Calenberger Stuben“) mit 590 qm, Hotel Nülle mit 289 qm, Stadtländer (Deutscher Hof) mit 255 qm sowie Brüner (später Hotel „ Zum Stern“) mit 217 qm. Alle diese Lokale verfügten über große Säle, dagegen war das „Bierrestaurant“ von Conrad Scheve mit 69 qm Betriebsgröße recht klein, aber wohl gemütlicher. (ARH NRÜ KA 1383)

Herbert Scheve

Der älteste Sohn Herbert heiratete 1937 die Tochter des Vorbesitzers Otto Zinne sen., Frieda Zinne. Somit konnte die Gastwirtschaft bis zur Aufgabe 2016 rückblickend auf eine 97 Jahre dauernde Familiengeschichte zurückblicken! Herbert Scheve wurde im 2. Weltkrieg an der Ostfront eingesetzt. Er entkam 1945 glücklicherweise der Gefangenschaft. Bereits 1943 war ihm der Betrieb überschrieben worden.

Bereits Anfang der 30er Jahre wurde ein Kaffeegarten eröffnet. Die Sitzflächen waren von Hecken umsäumt, eine aus Holz, später sogar Terrazzo befestigte Fläche lud zum Tanze ein. Der Kaffeegarten bestand bis weit nach dem 2. Weltkrieg.

Mit der Übernahme durch Herbert Scheve musste 1938 wieder eine „Erlaubnis zum Betriebe einer Gaststätte“ eingeholt werden.

ARH NRÜ II 1440, Nachgezeichnet H. Dyck Anlage zum Konzessionsantrag von 1938

Lageplan des Gasthauses aus der Anlage zum Konzessionsantrages  von 1938. (ARH NRÜ II 1440, Nachgezeichnet H. Dyck)

 

 

Grundriss des Hauses 1938, (ARH NRÜ II 1440, Nachgezeichnet H. Dyck)

Grundriss des Hauses 1938, (ARH NRÜ II 1440, Nachgezeichnet H. Dyck)

Zu der Zeit – 1938- kostete ein Einbettzimmer 1,50 Mark, der Pensionspreis dafür 4,50 Mark. Das Zweibettzimmer kostete das Doppelte. Es durften sämtliche alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränke ausgeschenkt werden. Eine Auflage war, dass die Schank- und sonstigen Gefäße stets (!) sauber zu halten seien, für die Spülung war möglichst fließendes Wasser zu verwenden. (RAH NRÜ II 1441)

 

Innenansicht der Schankstube 1942: Frieda geb. Zinne und Herbert Scheve mit den beiden ältesten Kindern vor dem alten Tresen im Gasthaus Zur Eisenbahn um 1942 (Foto:Scheve privat)

Innenansicht der Schankstube 1942: Frieda geb. Zinne und Herbert Scheve mit den beiden ältesten Kindern vor dem alten Tresen im Gasthaus Zur Eisenbahn um 1942 (Foto:Scheve privat)

Die Kriegsjahre waren entbehrungsreich. Zum Kriegsende wurde Frieda Zinne von der Besatzung verpflichtet, die zahlreichen auf dem gegenüberliegenden Bahnhof ankommenden ostdeutschen Flüchtlinge zu verköstigen. Das wurde unter großen Mühen und unter Zuhilfenahme eines eigentlich nicht zum Kochen genutzten Waschkessels bewältigt.

Das neue Wiegehäuschen der Fuhrwerkswaage in Neustadt am Rübenberge um 1950, vorn Herbert Scheve, am Fenster Mutter Sophie Scheve

Das neue Wiegehäuschen der Fuhrwerkswaage in Neustadt am Rübenberge um 1950, vorn Herbert Scheve, am Fenster Mutter Sophie Scheve

Das alte Wiegehäuschen war durch ein größeres ersetzt worden. Jetzt konnten sich die Kunden auch im Innenraum aufhalten und die Papiergeschäfte, die mit dem Wiegevorgang zusammenhingen, besorgen

 

Situation am westlichen Ende der Landwehr: Links vor Blumenhaus von August Holz: Zufahrt zum Bahnhof, mittig die „Eierscheune“, rechts Gastwirtschaft Scheve

Situation am westlichen Ende der Landwehr: Das Blumenhaus von August Holz. Links daneben befand sich die  Zufahrt zum Bahnhof, mittig die „Eierscheune“, am rechten Bildrand Gastwirtschaft Scheve, ca. 1950.

In den 50er Jahren ersetzte ein neuer Restaurant-Raum das alte, hinten angrenzende Fachwerkhaus. Man war für aufstrebende, moderne Zeiten gerüstet: die Anschaffung eines der ersten Fernsehgeräte in der Stadt lockte viele Gäste an. Manch einer erinnert sich noch der Fußballweltmeisterschaft 1954, aber auch andere Sportereignisse, Filme und Unterhaltungssendungen wurden hier unter großem Publikumsandrang und zu Hunderten gern gesehen.

Auch ohne Fernseher blieb das Haus immer Treff- und Anziehungsplatz für Vereine, Parteien, Versammlungen, Familienfeste, Skatspieler fanden hier ihre Stammtische. Es wurde viel gespielt und gelacht. Ganz wichtig war der Tresen, an den man sein Bier genießen konnte und wo man sicher jemanden traf, der in gleicher Absicht kam und mit dem man „klönen“ konnte. Aber auch mit den jeweiligen Wirtsleuten war immer ein „Klönschnack“ möglich.

Ein moderner Tresen In der Gastwirtschaft Scheve in Neustadt am Rübenberge: 1960 wurde ein neuer Tressen fällig, auch dieser musste später einer noch moderneren und bequemeren Version weichen. (Foto:Scheve privat)

Ein moderner Tresen In der Gastwirtschaft Scheve in Neustadt am Rübenberge: 1960 wurde ein neuer Tressen fällig, auch dieser musste später einer noch moderneren und bequemeren Version weichen. (Foto:Scheve privat)

Mit dem 1968 begonnenen Hotelanbau wurde im Untergeschoß eine Kegelbahn eingerichtet. 60 Kegelclubs konnten hier ihrem Sport nachgehen. Um den Betrieb kümmerte sich Seniorchef Herbert Scheve.

Helmut Scheve

1963 heiratete Helmut Scheve seine Ehefrau Ursula, geb. Menke. Sie stammt aus der Wesermarsch und hatte zusammen mit Helmut in der „Strandbadgaststätte Hannover“ ihre Ausbildung zum Koch bzw. zur Köchin erhalten. Sie bekamen drei Kinder, Hergen (1964), Henning (1966) und Britta (1976, später verh. Wilkens). Zusammen waren sie fast 50 Jahre die Seele des Geschäfts und führten es gemeinsam rastlos, fleißig und erfolgreich als Familienunternehmen.

Sie brachten auch einen neuen Stil in die Wirtschaft. Grundlage waren auch Helmut Scheves berufliche Erfolge gewesen. Noch als Kochlehrling nahm er an verschiedenen Leistungswettbewerben teil, erhielt sogar 1960 eine Ehrenurkunde beim 2. Bundes- Lehrlingswettbewerb der Köche in Frankfurt a. M. Bei der Bundesfachschau für das Hotel-und Gastgewerbe im Jahre 1966 gewann er eine Medaille in Silber und krönte seinen Ausbildungsweg 1967 mit dem Küchenmeistertitel. Wurden früher im Zuge der „Fresswelle“ vornehmlich Hähnchen, Steaks und Schaschlik angeboten, besann man sich bald der gehobenen Küche. Große Buffets konnten im Haus und auch außer Haus angeboten werden.
Helmut Scheve war auch lange Zeit Festwirt bei den jährlichen Schützenfesten.. Jedes Mal eine besondere Herausforderung und logistische Leistung. Dann wurde das Lokal geschlossen und der ganze Küchenbetrieb samt Inventar siedelte in die Bürgerhalle um. Im Bürgersaal gab es traditionell das „Herrenessen“ und „Frühstück mit Damen“, wobei einige Hundert Gäste gleichzeitig zu bewirten waren.

Daneben war Helmut Scheve im Vorstand des örtlichen Gaststättenverbandes, gab Unterricht im Neustädter Berufsbildungszentrum und nahm Lehrlingsprüfungen, sogar Meisterprüfungen ab. Im Betrieb waren viele Menschen beschäftigt, viele erhielten ihre Ausbildung zum Koch /Köchin oder zum Hotelfachfrau bzw. Hotelfachmann 1999 wurde das Hotel von der Industrie und Handelskammer „für das kontinuierliche Ausbildungsmanagement“ ausgezeichnet. 3 Sterne des Hotel und Gaststättenverbandes krönten die Leistung.

Die Silvesterbälle waren berühmt, eine Konfirmationsgesellschaft, Taufe, Geburtstagsfeier, Hochzeit, Trauerfeier kam nach der anderen, dafür war das Haus immer offen. Hier trafen sich Sportler vom TSV, auch vom Fußballclub „Wacker Neustadt“ in dessen Vorstand noch Herbert Scheve beteiligt war. Nicht zu vergessen der Versammlungsort der Neustädter Landfrauen, ostdeutscher Landmannschaften, politischer Parteien, Anglervereine, Siedlerbund, nicht zuletzt des Neustädter Lions- Clubs „bei Scheve“. Nebenbei werden sich ältere Besucher der Gastwirtschaft auch noch gern der einen oder anderen Bedienung erinnern, z. B. an Fritz Katschke oder Ria Blumenkamp.

1976 wurde die Eisenbahnunterführung dem Verkehr übergeben. Damit mussten neue Zufahrten von der Marktstraße und der Nienburger Straße her angelegt werden, die den Anschluss an das öffentliche Straßennetz sicherstellten. Gleichzeitig wurden ausreichend Stellplätze für Besucherautos angelegt.

Anwesen Scheve im Luftfoto nach 1976

Anwesen Scheve im Luftfoto nach 1976

Früher konnte das Gasthaus sich sicher auf die Nähe zum Bahnhof berufen, 1978 jedoch änderte man anlässlich des 50sten Firmenjubiläums den Namen „Zur Eisenbahn“ zum neutral klingenden „Hotel Scheve“. Der Hotelbetrieb machte seinen 3 Sternen Ehre. In den Hotelbüchern standen auch Namen bekannter Schauspieler, z.B. Horst Buchholz, Gitte Haenning, Elke Sommer, Sonja Ziemann, Hansjörg Felmy. Sie hatten für den Theater- und Konzertkreis als Gastspieler in Neustadt auf der Bühne gestanden. Auch Prinz Heinrich von Hannover, Sigmar Gabriel und andere Prominente haben das Haus beehrt.

Und wieder ging es einen Schritt weiter, der Hotelkomplex wurde um ein weiteres Stockwerk erweitert.

 

Hotel Scheve kurz vor Ende der Aufstockung 1998 (Foto:Scheve privat)

Hotel Scheve kurz vor Ende der Aufstockung 1998 (Foto:Scheve privat)

Ursula Scheve war seit 1963 an der Seite von Helmut Scheve eine Seele des Betriebs gewesen. Nachdem ihr Mann 2011 starb, führte sie mit teilweiser Hilfe ihrer Tochter Britta das Geschäft weiter. Die Söhne Hergen und Henning und Tochter Britta waren berufsmäßig anders gesichert, die Familie entschloss sich daher, den Betrieb zu verkaufen.
Am 15. Januar 2016 wurde das Hotel Scheve an die Wirtschaftsbetriebe Neustadt übergeben. Die Stadt Neustadt bringt hier 70 Flüchtlinge unter, die Unterkunft ist damit bereits voll belegt. Unter der Bezeichnung „Integrationszentrum Neustadt“ hat die AWO (Arbeiterwohlfahrt) die Betreuung übernommen.

Hotel Scheve war einmal das „Erste Haus am Platze“. Neustadt konnte sich dieses bedeutenden Hauses rühmen, sein Fehlen ist schade und sehr zu bedauern. Es ist zu hoffen, dass das Haus auch weiterhin eine gastliche Herberge bleibt, in welcher sich Menschen wohlfühlen.

Hartmut Dyck, Oktober 2016


Gasthäuser und Hotels in Neustadt

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Quellen:

Ein besonderer Dank gilt Henning Scheve, die von ihm verfasste Gastronomie- und Familiengeschichte des Hauses und der Familie Scheve ist eine wertvolle Fundgrube für diesen Aussatz.

  • Leinezeitung u.a 6.1.2016, 11.8.2016
  • ARH NRÜ II 1441, KA 1383, KA1833 u.a.
  • Hartmut Dyck. Über den Erichsberg in WWW.ruebenberge.de
  • Über die Bürgerhalle in WWW.ruebenberge.de

Anhang:

Leinezeitung 16.Januar 2016

Leinezeitung 16.Januar 2016

 

Leinezeitung vom 11.8.2016

Leinezeitung vom 11.8.2016