Über die Ringwallanlage Lüningsburg
Im Jahre 2015 kann die Stadt Neustadt ihr 800 jähriges Stadtjubiläum begehen. Aber auch lange vor der (angenommenen) Gründung im Jahre 1215 war die Gegend schon besiedelt. Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sich hier um ein Gebiet handelt, das längst vor der ersten Erwähnung Neustadts eine bedeutsame Rolle gespielt hat. Das auffälligste Zeugnis dafür ist die Ringwallanlage Lüningsburg.
Zur Lage der Ringwallanlage Lüningsburg in Neustadt
Etwa 3 Km südlich der Stadt. am Ende der Lindenstraße, liegt der städtische „Friedhof Lüningsburg“. Innerhalb dieses Geländes liegt auch der nordwestliche Teil der historischen „Lüningsburg“. Sie gehört seit Beginn der Planungen zu dem seit 1976 bestehenden Friedhof der Stadt Neustadt a. Rbge.
Diese Wallanlage wurde schon auf einer Karte der Kurhannoverschen Landesaufnahme 1782 (aber ohne Ortsbezeichnung) dargestellt.
Die Lüningsburg liegt auf einem Geländevorsprung, der in das östliche etwa 4 bis 5 m tiefer gelegene Überschwemmungstal der Leineau reicht. Trotz starker landwirtschaftlicher Nutzung soll im Gelände ein Wallverlauf als ringförmige Erhebung von teilweise 2 m Höhe erkennbar sein. Von Krone zu Krone misst die Umwallung 135 m. Das ist mit bloßem Auge nur noch schwer auszumachen. Die Gestaltung und Belegung des Friedhofs verwischen die Spuren der Lüningsburg eher als dass sie sie hervorheben. Informationstafeln mit Hinweis auf das archäologische Denkmal fehlen. Als frühgeschichtliche Befestigungsanlage ist sie seit 1974 dennoch als Kulturdenkmal unter Schutz gestellt. Auf Luftbildern und selbst auf Satellitenbildern soll sie aufgrund der Bodenverfärbung deutlich zu erkennen sein. Auch heute noch wollen z. B. Sportflieger die Konturen von oben erkennen.
Der Ursprung des Names Lüningsburg (Ringwallanlage)
Der Name Logingeborg, Loghingeborch, Loingaburg ist zurückzuführen auf den „Loingau“, Leinegau. Der Raum um Neustadt war ein Teil des frühmittelalterlichen Loingaus, die Loingauburg hat im Grenzbereich zum Gau Marstem gestanden. Der Name der Leine ist daraus unschwer zu erkennen. Urkundliche Nachrichten sind seit 1304, im 14.Jahrhundert weitere 6 Mal und bis ins 15. / 16. Jahrhundert hinein vorhanden. Demnach ist es denkbar, dass die Lüningsburg bis ins 14. Jahrhundert funktionsfähig gehalten wurde, danach aber mehr nur als landwirtschaftlich nutzbares Gelände beliehen, verkauft und zuletzt von der Familie von Campen zu Poggenhagen übernommen und genutzt wurde.
Der Zweck der Ringwallfestung
Die Grabungen zwischen 1934 und 1982 ergaben Befunde, die in das 9. Jahrhundert zurückreichen. Sie war eine frühmittelalterliche Wallburg, ob es sich hier um eine Fluchtburg handelt, wie sie von König Heinrich I. (919- 936) angeordnet wurde, ist nicht belegt, aber nicht von der Hand zu weisen. Demnach sollten jeweils 9 Bauernsoldaten (milites agrarii) zusammen eine Fluchtburg zum Schutz vor den Einfällen der Ungarn anlegen. Möglicherweise hat in früherer Zeit die Bevölkerung beidseits der Leine die Lüningsburg benutzt, so z. B. die Bewohner der Wüstungen Adensen und Wedensen, zumal sie durch die Leineniederung im Osten, dem Schiffgraben im Süden und das Moor im Westen eine gute Zufluchtmöglichkeit bot.
Über die Grabungen/Ausgrabungen der Ringwallanlage Lüningsburg
Obwohl sie bereits 1884 erwähnt wurde ist die Lüningsburg der Denkmalpflege und Forschung erst seit 1927/28 bekannt. Im Jahre 1934 wurde erstmals ein Suchgraben angelegt, der dreimal Wall und Gräben durchschnitt.
Die seit 1974 stattfindenden Erdarbeiten für den neu angelegten Friedhof bot die Möglichkeit für weitere Grabungen im Jahre 1975. Der 1976 fertiggestellte Friedhof verband sich mit der alten Fluchtburg zu einer gartengestalterisch einheitlichen Anlage. 1981 plante die Stadt, Gräber in das Wallinnere zu verlegen. Über die Belegung im Wallinneren bestand jedoch eine ungeklärte Situation zwischen Verwaltung und Oberer Denkmalschutzbehörde. Daher folgten, 1981/82, zwei Jahre Grabungen aber keine Bestattungen.
Welche Ergebnisse brachten die Grabungen?
Bronzezeitliche Flintpfeilspitzen, Urnenreste mit Leichenbrand als Reste eines zerstörten eisenzeitlichen Urnenfriedhofs, Scherben der vorrömischen Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit, eine eisenzeitliche Grube sind Zeugen einer viel früheren Anwesenheit von Menschen.
An der Nordwestseite der Burg wurde bereits 1907 beim Graben nach Füchsen der Rest eines Schwertes gefunden. Die Grabungsschnitte, die 1934 und 1975 durchgeführt wurden, ergaben nur spärliche Reste einer Innenbebauung. Im Wallbereich wurden 2 Herde sowie eine Steinpflasterung gefunden. Man unterschied eine ältere und eine jüngere Befestigungsperiode Dabei wurden Gräben von bis zu 7 m Breite und 1,80 Tiefe festgestellt. Der Ringwall entstand als Holz-Erde – Konstruktion, die während dreier Bauphasen jeweils verstärkt und erhöht wurde. Der Wall erreichte in der letzten Periode eine Breite von 14 m und 4- 5 m Höhe. Vorgesetze Holzstämme schützen die Außenseite, Angreifer standen vor einer senkrechten Mauer. Zwei vorgelagerte Gräben boten weiteren Schutz
1975 wurde in Nordwesten ein Tordurchgang festgestellt. Er stellte sich als 7m lange und 3,5 m breite Torkammer dar, deren Seiten mit Holzbohlen ausgekleidet waren. Es ist strittig, ob sie auf etwa 600 n. Chr. oder „nur“ auf etwa 1000 n. Chr. zurückzuführen sind. Weitere Befunde, 36 Pfosten und eine undatierte Herdstelle sind sehr spärlich. Nur an zwei Stellen konnten Baustrukturen ausgemacht werden. Es handelt sich um ein Haus, welches möglicherweise als Scheune oder Speicher gedient hat. Die Scherbenfunde decken einen Bauzeitraum von Anfang des 9.Jahrhunderts bis um 1000 ab.
Funde an der Ringwallanlage Lüningsburg
Schönster und bedeutendster Teil der Funde ist jedoch die in der Grabung 1981/ 82 gefundene frühmittelalterliche Bronzefibel, die sogenannte Pferdchenfibel.
Es soll nicht auszuschließen sein, dass Grabungen im südlichen Teil des Wallinneren weitere, womöglich noch bessere Erkenntnisse über die Lüningsburg ergeben.
Es bleibt aber ein Verdienst der Archäologie, dieses bedeutsame Kulturdenkmal ins rechte Licht gerückt zu haben. Immerhin kann die Lüningsburg auf gesicherte 1200 Jahre zurückblicken, die „erst“ 800 Jahre alte Stadt Neustadt kann auch darauf stolz sein.
HD, November 2014
Verwendete Literatur und Quellen
- Hans- Wilhelm Heine und Norbert Steinau „Die Lüningsburg bei Neustadt am Rübenberge“, Hannover 1985
- Projektarbeit über den Stadtfriedhof Lüningsburg im Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur der Universität Hannover (NRÜ V 655, Regionsarchiv Hannover)
- Hans- Wilhelm Heine „Burgen um 1000 zwischen Mittelweser und Leine“
- Wilhelm Winkel „Geschichte der Stadt Neustadt am Rübenberge“
- Ehlich, „Die Stadt steckt voller Merkwürdigkeiten“ (in Stadtbücherei)
- Stadt Neustadt, Neuer Stadtfriedhof „Lüningsburg“ (NRÜ V 407 RAH)
- Regionsachiv Hannover (RAH) Dep NRÜ K 273-279; 1934
- Museum zur Stadtgeschichte
- Wikipedia: Ringwallanlage und Lüningsburg
- Hinweis: In der Literatur sind auch verschieden Sagen über die Lüningsburg erhalten. (Steffens 1713, Engelke 1928, Heckscher 1930)