Der Telefunkenturm in Eilvese 1913 bis 1931: Einst das höchste Bauwerk Deutschlands
Am 20.Juni 1913 stattete Kaiser Wilhelm II der Ackerbürgerstadt Neustadt am Rübenberge einen Besuch ab. Bei Klages lesen wir: „Zum Kaisertag, dem 20.Juni 1913, hatte die ganze Stadt Sonntagskleider angelegt. Wilhelm II. hatte seinen Wagen verlassen und die Honoratioren der Stadt und die Ehrenjungfrauen vor dem Rathaus begrüßt“. Am 19.06.1914 begab er sich erneut nach Neustadt, ins Neustädter Moor bei Eilvese im Neustädter Land. Auf der ebenen Fläche am Rand des Hochmoores stand seid kurzem der sogenannten Telefunkenturm, Funkenturm im landläufigen Sprachgebrauch.
Dies war ein 258 Meter hoher Sendemasten, mit Stahlseilen abgespannt und umgeben von sechs weiteren, kleinen Masten und damit damals tatsächlich das höchste Bauwerk Deutschlands.
Es folgte die Einweihung und Besichtigung der Anlage durch den Kaiser.
Elektromotoren betrieben die Goldschmidt´sche Hochfrequenzmaschine; über den hohen Sendemasten war man damit in der Lage eine Funkbrücke, bis in die USA reichend, aufzubauen. (Rudolf Goldschmidt, 1876-1950 Ingenieur, Erfinder, Bekannter Albert Einsteins). Damit stand nicht nur das höchste Bauwerk im Neustädter Land, sondern auch die erste und einzige Funkanlange der Zeit, die über so weite Strecken senden konnte.
Die Sendeanlage wurde von der Firma HOMAG („Hochfrequenz-Maschinen AG für Drahtlose Telegraphie“) erbaut, die eine Tochtergesellschaft der C. Lorenz AG gewesen ist (Quelle: Siehe Kommentar unten).
Die Neustädter Zeitung berichtete, dass am 19.Juni 1914 die erste transatlantische Funkbrücke errichtet wurde und ein Telegramm Kaiser Wilhelm II. an den damaligen amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson nach Tuckerton / USA gesendet wurde. Hochtechnologie „Made in Neustadt.“
Am 7. August 1931 hatte die Anlage ausgedient. Nicht nur seine Errichtung und sein Betrieb war eine Sensation, sondern auch seine Sprengung. Zahlreiche Postkarten seines Falls sind erhalten geblieben.
Wer heute in dieser Gegend durch das Moor spaziert, wundert sich vielleicht über die riesigen Betonblöcke, die mittlerweile hoch aus den abgetorften Flächen herausragen. Hierbei handelt es sich um die ehemaligen Fundamente, an denen die Abspannseile befestigt waren, die den Turm im Lot hielten.
Auf dem folgenden Bild ist der Fuß des Sendemasten zu sehen. Man erkennt eine halbrunde Aushöhlung ganz am Ende des Mastens. An dieser Stelle soll der schwere Turm, einer mündlichen Überlieferung zu Folge, auf einer riesigen Glaskugel gestanden haben, die ihn zum Boden hin isolierte. Gläserne Isolierteile unterschiedlicher Größe und Form liegen noch heute verstreut auf dem ehemaligen Arsenal des Funkenturms im Boden.(CD,02.208)
Weitere Informationen zum Besuch des Kaisers in Neustadt am Rübenberge und wie sich die Stadt auf den Besuch vorbereitet hat finden Sie hier.
admin on 25 Jul 2011 at 15:53 #
Wenn Sie mehr über den Funkenturm erfahren möchten, verweisen wir auf folgende Literatur:
„Chronik Eilvese“, von Walter Nordmeyer und Florian Düe, leider ohne ISBN- Angabe, mit umfangreichem Beitrag zum Funkenturm
„Riesen im Moor“ – Begleitheft zur Ausstellung, die seit 24.7.2011 im Schloss in Neustadt a.Rbge gezeigt wird. Bearbeitet von Roswitha Kattman im Archiv der Region Hannover in 31535 Neustadt a. Rbge, Schlossstrasse 1.
Mit freundlichen Grüßen
Redaktion ruebenberge.de
Müller-Henze, Arno on 10 Apr 2013 at 09:23 #
LIEBE HEIMATFREUNDE!
WIR ARBEITEN ZZT AN EINER AMATEUR-GROSSFUNKSTELLE IN MARDORF.
WIR MÖCHTEN DIESE 8 SEITEN GERN WEITERSENDEN VIA EMAIL;
FINDEN DIE ANLEITUNG LEIDER NICHT. KÖNNEN SIE UNS HELFEN?
Müller-Henze
http://www.intermar-ev.de
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Fritz Bredthauer, df3ow on 21 Mai 2013 at 03:01 #
Einstieg für diesen Beitrag war, dass m.E. der
Internetartikel unter
https://www.ruebenberge.de/industrie/telefunkenturm.html
in der heutigen (21.5.2013) Fassung 2 kleine
Einstiegsfehler enthält:
Der Text beginnt mit „Am 20.Juli 1913…“.
Das müsste auf den Monat Juni geändert werden.
Dann kommt ein scheinbar passender Text.
Eingeweihten wird es auffallen, dass der Satz:
„Anschließend begab er sich ins Neustädter Moor….“ erst
chronologisch „1 Jahr minus 1 Tag“ später zur Wirklichkeit
passt, oder andersherum gesagt, zwischen beiden
Sätzen ein fast volles Jahr vergangen war.
Hier schlage ich als kürzeste Berichtigung vor:
STREICHE: „Anschließend…“
SETZE: „Am 19.6.1914….“
– – – – –
Leider ist es sehr schwierig, verlässliche und genaue
chronologische Daten und Hintergründe zu ermitteln,
da insgesamt nur wenige Originalquellen existieren.
Leichte Verwirrung kann aufkommen, da Kaiser Wilhelm
fast genau mit Jahresabstand Eilvese besucht hat.
Einmal, von Norddeich kommend, auf der Fahrt nach
Hannover, zum Frust der erwartungsvollen Einwohnerschaft
von Eilvese quasi nur auf der Durchfahrt, am 20.06.1913.
(Vielleicht hat ihm ein Hof-Einflüsterer von einer
voreiligen Einweihung aus irgendwelchen Gründen
abgeraten und Majestät geruhte zu entscheiden:
Dann komm wa ehm nächstet Jahr um diese Zeit wieda…)
Ein Jahr später am 19.06.1914 wurde dann tatsächlich
die Gesamtanlage feierlich durch Kaiser Wilhelm eingeweiht.
Dazu ließ er ein Grußtelegramm über den Sender Eilvese
an den US-Präsidenten Wilson senden und es wurde die
„transatlantische Funkbrücke in Betrieb genommen“.
(Hier wurden viele Dinge aus unterschiedlichen Motivationen
heraus auf dieses Datum festgelegt, die de facto
schon früher stattgefunden hatten, aber was macht man
nicht alles, um Kaiser und die Funkstelle Eilvese
auf einen Punkt zu bringen…..
Es war an diesem Tag nicht das erste Telegramm,
auch nicht das erste von Kaiser Wilhelm von Eilvese abgehend,
die offizielle Betriebseröffnung war schon lange
gewesen und die jetzt groß gefeierte Einweihung durch
Kaiser Wilhelm stellt sich mir so dar, als würde heute (!)
die Fehmarnsundbrücke eingeweiht, oder die Köhlbrandbrücke.
Der 19.6.1914 ist jedoch nur das offizielle große Sahnehäubchen,
das alle optisch fixieren und das geeignet ist,
die im Datum früher liegenden technischen und betrieblichen
Jubiläen zu verdecken. Darunter verbirgt sich ein Wust an
Fakten, die Anlass für einen
herrlichen Historikerstreit liefern (können).
Hinzu kommt eine Menge an Irritationen, die ihren
Ursprung in der Wortwahl haben.
Daher ist es schon bedeutsam, zu klären, was wirklich
gemeint ist oder war.
„Funkbrücke“ „Funkverbindung“ „Funktelegramm“ usw.
Dazu muss man wissen, dass das Wort „Funkverkehr“
(auch in der Übersetzung) nicht eindeutig genug
definiert ist.
Sehr wichtig ist die Frage, ob eine irgendwie
geartete Funkinformation nur –einseitig– auf den
Funk-Weg gebracht wurde und auf einem anderen Weg
z.B. über das schon in Betrieb befindliche Seekabelsystem
bestätigt wurde, oder ob der Funkverkehr
zweiseitig war, also auf der gleichen Funkstrecke
durch die Gegenstelle auf dem Funkweg bestätigt wurde.
Selbstverständlich war es damals zu Beginn der
Überseefunkerei keinesfalls, zweiseitige Funkverbindungen
zu haben.
Hinzu kommt eine Menge an Irritationen, die ihren
Ursprung in der Wortwahl haben.
„Funkbrücke“ „Funkverbindung“ „Funktelegramm“
„Sendung“ „Aussendung“ „Übertragung“ „Übermittlung“
„Nachrichtenaustausch“ usw.
Allein aus dem Wort „Funkverkehr“ zu schließen, dass
es sich dabei um eine zweiseitige Funkverbindung handeln
müsse, sonst sei der Wortteil „-verkehr“ nicht erfüllt,
ist gefährlich, da ich dienstlich bereits einmal die
Definition „einseitig gerichteter Funkverkehr“ lernen
musste (sinngemäß: Aussendungen, die nicht (auf gleichem
Fernmeldeweg) bestätigt werden oder gar nicht bestätigt
werden sollen wie z.b. der Rundfunk, Meldeempfänger usw.)
Ferner ist es von enormer Wichtigkeit, auf welche
Geschehnisse Wert gelegt werden.
So muss man sich bei alledem fragen:
– War es ein zufälliger Test der empfangen wurde ?
– War es ein abgesprochener Test ?
– War es eine interne Betriebsmitteilung ?
– War es ein formgebundenes (Funk-) Telegramm ?
– War es fehlerfrei zu empfangen ?
– Wieviel Worte konnten maximal übermittelt werden ?
– War rund um die Uhr Betrieb möglich, bzw. jeden Tag ?
– Zweiseitig oder Bestätigung über Seekabel oder eine
andere Funkstelle und wenn ja welche ?
– Wenn einseitig, von Deutschland nach USA oder umgekehrt ?
Solche Wertungen und Definitionen ergeben zahlreiche
denkbare Jubiläumstage, so sie denn noch ermittelbar sind.
– – – –
Hinsichtlich der Strecke Eilvese – Tuckerton
gibt es (u.a.) eine belegbare Aussage, die für mich fest steht:
„Die erste zweiseitige Funktelegramm-Übermittlung
zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika,
zugleich offizielle Betriebseröffnung der Sende- und
Empfangsstelle Eilvese, fand am 14.10.1913 statt“
Örtlich einengen läßt sich der Satz schon, Deutschland darf man
durch Norddeutschland oder Eilvese ersetzen, die USA darf
man durch den Staat New Jersey oder die Ortschaft Tuckerton
ersetzen und er bleibt historisch richtig.
Der Satz wird hingegen falsch, wenn er ungeprüft örtlich
erweitert wird, Europa statt Deutschland oder Amerika statt USA
führt zu einer historischen Falschaussage.
Ebenfalls, wenn lediglich von einer transatlantischen Verbindung
gesprochen wird.
Hier ist anzumerken, dass der Sender Nauen (Deutschland) bereits
zeitlich vor Eilvese zweiseitigen (Funk-)Telegrammaustausch
hatte, aber eben nicht zu den USA, sondern nach Kanada.
Daher wäre für Eilvese die Aussage „Deutschland-Amerika“ falsch.
Ebenso eine nicht weiter eingeschränkte Wortverbindung mit
„transatlantisch“.
– – – – –
Es gibt in Neustadt am Rübenberge und im Raum Steinhuder Meer
zwei lokale Amateurfunkvereine von etwa 1000 des
„Deutschen Amateur-Radio-Clubs“ DARC.
(Die Mitglieder des DARC beschäftigen sich nicht, wie man
aufgrund des Namens schließen könnte, mit Sammeln von
alten Dampfradios, sondern es sind die lizensierten
Funkamateure, an die man gemeinhin so denkt, wenn jemand
nach Australien oder sonstwohin auf der Welt funkt).
Aus diesen beiden lokalen Clubs (H61 und H35) engagieren sich
einige Leute mit Spurensuche in der Geschichte des Senders
Eilvese, zumal bereits im Herbst letzten Jahres ein Kurzwellen-
Funkkontakt zur Historischen Gesellschaft von Tuckerton
(Grußbotschaft in Sprachaussendung) bestand. Der dortige
„Schwestersender“ (ebenfalls durch die deutsche Firma HOMAG gebaut)
war bereits 1912 fertiggestellt worden.
Am 19. und 20. Oktober wollen die beiden hiesigen Ortsverbände
einen symbolischen Kurzwellen-Funkkontakt mit Tuckerton herstellen,
da ja ein Längstwellen-Funkkontakt mangels der damaligen riesigen
Antennenanlage nicht möglich sein wird.
Mit freundlichem Gruß
Fritz Bredthauer,
DARC-Ortsverband Steinhuder Meer (H35)
Amateurfunkrufzeichen „df3ow“
admin on 28 Mai 2013 at 12:29 #
Hallo Herr Bredthauer
vielen Dank für Ihren wirklich wertvollen Beitrag zu unserem Text. Ihr weiterführendes Hintergrundwissen ist eine Bereicherung für unsere Website! Die von Ihnen angemerkten Fehler in den Daten habe ich korrigiert.
Vielen Dank
Christian
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mathis on 08 Feb 2021 at 22:56 #
Sehr geehrtes Team,
ich finde sehr schön, dass Sie diese fast vergessene ehemalige Großsendestation auf Ihrer Seite ausführlich darstellen. Allerdings muss ich Ihnen als Technikhistoriker sagen, dass der Text auf der Postkarte falsch ist. Dieser Turm hat mit Telefunken nichts zu tun. Ich habe mir diese Postkarte auch gekauft, um auf diesen Fehler hinzuweisen. Natürlich besitze ich auch eine Postkarte mit dem korrekten Text. Die Sendeanlage wurde von der Firma HOMAG („Hochfrequenz-Maschinen AG für Drahtlose Telegraphie“) erbaut, die eine Tochtergesellschaft der C. Lorenz AG gewesen ist (siehe: https://www.eilvese.de/funkenturm.htm). Der Turm hat also mit Telefunken nichts zu tun.
Ein Hinweis auf diesen Sachverhalt wäre sinnvoll.
Beste Grüße, Wolfgang Mathis
admin on 09 Feb 2021 at 11:00 #
Sehr geehrter Herr Mathis,
vielen Dank für den Verweis auf die Quelle und den Hinweis! Das ist sehr interessant und war uns nicht bewußt. Gerne nehmen wir den Hinweis auf den Hersteller HOMAG auf. Mir stellt sich die Frage, wie es zu der Namensgebung „Telefunkenturm“ wohl gekommen ist. Die vorherige Generation der Neustädter nannte das Bauwerk „Funkenturm“ und „Telefunkenturm“. Das waren tatsächlich stehende Begriffe. Eine für mich naheliegender Vermutung ist, dass der Begriff „telefunken“ (Marke: Telefunken), wie „googlen“ zu einem Synonym für die Drahtlose Telegraphie geworden sein könnte. Das könnte auch die Namensgebung auf der Postkarte erklären. Telefunken würde sich damit nicht auf den Hersteller sondern auf die Funktion des Turms beziehen.
Mit besten Grüßen!!