Kohleflöze in Neustadt? Kann es auf dem „platten Land“ , in Neustadt am Rübenberge, Kohleflöze geben? Ja, es ist durchaus möglich , dass man auch heute noch auf Köhleflöze stoßen könnte und tatsächlich hat man in Neustadt Kohle gefunden und auch abgebaut.

Wie ist das möglich? Der natürliche Felsgrund, welcher auch der Leineschifffahrt den Weg versperrt, auf welchem auch das Schloss thront und welcher auch in der Umgebung die geologische Basis bildet, besteht aus „Wealderton“ oder „Deistersandstein“ (Wealden). In diesem Gestein sind oft Kohleflöze eingelagert -im Deister keine Seltenheit.(Q.: Winkel)

Diese Tatsache scheint schon früh bekannt gewesen sein. Kohle war sehr begehrt, so bekundete der hannoversche Unternehmer Georg Egestorff bereits 1855 die Absicht, hier nach Kohle zu suchen.

Schreiben des hannoverschen Unternehmers Georg Egestorff

Handschreibenschreiben des hannoverschen Unternehmers Georg Egestorff aus dem November 1855 Quelle: (RAH in Neustadt a. Rbge, NRÜ I 271)

In der Übertragung liest sich der Antrag auf ein Schürfrecht zum Abbau von Kohle in Neustadt am Rübenberge so:

An

löblichen Magistrat zu Neustadt

Die gehorsamst Unterzeichneten erlauben sich,

hiermit zur Kenntnis des löblichen Magistrats zu

bringen, daß sie übereingekommen sind die Unter-

suchungen nach Kohle event. die Anlage eines Kohlenbergwerks in der Feldmark Neustadt gemein

schaftlich zu unternehmen und ersuchen deshalb

löblicher Magistrat wolle den vom mitunter-

zeichneten Georg Egestorff unterm 25ten d. M.

allein eingereichten , desfalligen Antrag als

einen gemeinschaftlichen geeinigtes ansehen

Mit vollkommenen Respect

Georg Egestorff

Neustadt E.W.Lamann

Novbr. 1855 pro L.Lamann

Es war also bekannt, dass unter Neustädter Boden wertvolle Kohle lagerte. Ob Egestorff 1855 die Suche tatsächlich aufgenommen hat oder fündig geworden ist, ist nicht nachzuweisen. Jedenfalls hat er wohl mit dem Antrag Begehrlichkeiten geweckt. Am 24. 1. 1856 beantragt der Gewerkschafter Nehse Bohrversuche nach Kohle in der Gemarkung Suttorf und schliesst mit 42 Empeder Anliegern Bohrerlaubnisverträge auf deren Besitz in den Gemarkungen Neustadt und Empede ab. (RAH in Neustadt, NRÜ I 271)

Die Erstgründung der Hütte, die wegen der mangelnden Eignung von Torf an örtlicher Kohle als problemlosereren Brennstoff interessiert war, ging schon 1859 pleite.

Dennoch tat sich etwas einige Jahre später:

Winkel schreibt ( S. 32): Von 1860 – 72 wurden im Neustädter Deistersandstein Kohlen gewonnen. 1860 erhielt der Hüttendirektor (der Eisenhütte ) die Genehmigung zum Abbau von den dünnschichtigen Flözen. Drei Schächte wurden abgeteuft: „Friederike“, „Anna“ und „Minna“. Die geringe Mächtigkeit der Flöze und schlechte Wasserverhältnisse brachten das Unternehmen 1872 zum Erliegen. Immerhin war zeitweise so viel Kohle gefördert, dass nicht nur die Maschinen des Werkes (also der Eisenhütte) damit betrieben werden konnten, sondern auch Kohlen nach außerhalb verfrachtet werden.

Nach der Pleite der Erstgründung des Hüttenwerkes 1859 scheint 1860 eine Interimsgesellschaft, ab 1869/70 der neue Eigentümer der Hütte, Bethel Henry Strousberg, den Abbau der Kohle gefördert zu haben.

Ergänzend dazu hat Barby ermittelt: Der Vater des Gründers der Neustädter Hütte, Carl Eduard Nehse, schloss am 29.6.1867 einen Abbauvertrag mit dem Bevollmächtigten der Grundeigentümer Duensing, Bergmann und Kahle. Am 14.2. 1868 erhielt Nehse außerdem die Genehmigung des Neustädter Magistrats zum Abbau auf Grundstücken der Neustädter Kirchen- und Schulverwaltung. Im Herbst 1869 setzten anhaltendes Regenwetter und Hochwasser der Leine die Gruben unter Wasser, die Sümpfung gelingt erst nach Wochen. Frühjahr 1870 beginnt die Arbeit am Versuchsschacht Anna. Der 200 m entfernte Schacht Minna wurde wegen schlechter Kohlenqualität aufgegeben. Am 1. 11. 1872 wurden alle Arbeiten eingestellt. Zwar erfolgte im Februar 1878 noch ein Bohrversuch, der in 28 m Tiefe ein Flöz von 43 cm antrifft, aber eine Betriebsaufnahme gibt es nicht. Während des I. Weltkrieges wegen Kohlenmangels gibt es eine Förderung die Produktion, wird aber 1921 eingestellt. Die Halden der Schächte in Suttorf sollen noch bis etwa 1970 zu sehen gewesen sein und wurden dann eingeebnet.

Die Gruben Friederieke hatte höchsten einmal 20 Mann Belegschaft gehabt Die Arbeit im Schacht in fast 30m Tiefe muss sehr anstrengend gewesen sein. Die Flöze dürften kaum stärker als 50 cm gewesen sein.. Bergleute mussten sich also kriechend durch ganz enge Gänge graben und die Kohle nach aussen schaffen. Allein der Einstiegsschacht, in dem die Kohle nach oben befördert werden musste, war sehr beengt, wie folgende Aufnahme zeigt:

Kohleschacht in Neustadt auf dem Gelände der ehemaligen Kali Chemie, heute Solvay Foto: R. Marwede

Einstieg in den ehemaligen Kohleschacht, gefunden auf dem Gelände der ehemalingen Kali-Chemie. Foto: Marwede

Die 3 Schächte mit den Namen „Anna“, „Minna“ und „Friederike“ lagen auf der östlichen Leineseite, etwa auf dem Gelände der sogenannten „Kali- Chemie“. Ihre Lage ist örtlich nicht mehr nachzuvollziehen. Aber es hat dort vor einigen Jahren während Straßenbauarbeiten einen Erdbruch gegeben, der auf einen der Schächte schließen ließ. Wie ein leitender Mitarbeiter, Rüdiger Marwede, berichtet, hat er den dabei aufgefundenen Mauerwerk-Schacht so gut es ging freilegen lassen und in etwa 2m- Tiefenabständen Taschen im Mauerwerk gefunden, in denen mit Holzbalken vermutlich Etagen angelegt werden konnten.

In einem Aufsatz von Günter Gebhardt (ursp. Quelle unbekannt) sind die Maße des Schachts abgebildet.

Der Schacht hatte einen lichte Weite von etwa 4,35 x 2,35 m, das Mauerwerk ist etwa 50 cm dick. Das Loch musste aber wieder vollständig verfüllt werden.

Der Schacht hatte einen lichte Weite von etwa 4,35 x 2,35 m, das Mauerwerk ist etwa 50 cm dick. Das Loch musste aber wieder vollständig verfüllt werden.

Der Schacht hatte einen lichte Weite von etwa 4,35 x 2,35 m, das Mauerwerk ist etwa 50 cm dick. Das Loch musste aber wieder vollständig verfüllt werden.

Um 1920 hat man wohl weitere Bohrversuche unternommen. Im oben erwähnten Bericht von Günter Gebhardt (von dem leider nicht bekannt ist, wo er veröffentlicht), ist heisst es:

Die Bohrung 3 erwies sich als günstig. Sie wurde im September 1920 auf 150m Teufe fortgeführt und trifft folgende Flöze an:

  • Bei 76m 25 cm Kohle
  • “ 82m 80cm „
  • “ 127m 30 cm „
  • “ 149m 50 cm „

Als im nächsten Jahr der Hauptgesellschafter Bilke ausscheidet, gibt mab weiter Bemühungenauf, entweder aus Geldmangel oder der wieder erhältlichen Ruhrkohle.

So enden die Aktivitäten auf Kohlegewinnung im Raum Neustadt am Rübenberge. Die Halden der Suttorfer Schächte sind noch bis 1970 erhalten, danach werden sie eingeebnet und man erkennt nur noch bestenfalls Bodenverfärbungen.

Über die Lage des Bergwerks Friederike gibt das Bergamt Hannover 1984 Auskunft:

Die Kohleflöze - Lageplan der Kohleförderung in Neustadt am Rübenberge

Die Kohleflöze – Lageplan der Kohleförderung in Neustadt am Rübenberge

Kohleförderung hat sich in Neustadt also nie durchsetzen können.

Karte

Literatur:

Günter Gebhardt, „Der Bergbau der Eisenhütte Neustadt a. Rege im Heimatland“, Heimatbund, Jg 1992, Heft 6

[CD, HD, Juli 2006, überarbeitet und ergänzt 11/2007]


 

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