Zwischen Steinkuhlenberg und Bleiche – Eine geschichtliche Zeitreise in die Moderne auf der Fläche zwischen Amtsgericht und Rektorschule
Zwischen der Herzog- Erich- Allee im Norden, der Leutnantswiese im Süden sowie zwischen Amtsgericht im Osten und der früheren „Rektorschule“ an der Lindenstraße im Westen erhebt sich seit einiger Zeit ein neues großes Gebäude, ein Verwaltungsbau der Neustädter Firma IKN. Kaum jemand weiß noch, welche Veränderungen dieses Areal im Laufe der Jahrzehnte erlebt hat und welche Bedeutung es für Neustadt hatte. Wir wollen versuchen, einzelne Entwicklungen dieser Fläche ans Tageslicht zu fördern.
Aus den Anfängen
Den ersten Eindruck über das Gelände erhalten wir u.a. aus den historischen Karten von 1757, als Ingenieur- Fähnrich Fesca die Stadt hinsichtlich ihrer Verteidigungsfähigkeit überprüfte. Zu erkennen ist im Osten das Schloss, im Süden die Pfeilspitze des Amtsgartens, im Norden liegt die Stadt. Im Westen, der uns hier interessiert, ist der „Schlossgraben“ bzw. der „Stadtgraben“ eingetragen. Daneben finden wir den Begriff „In der Steinkuhle“. Es wird sich hier um Gelände gehandelt haben, was in seiner Unwirtlichkeit und den tiefen Bodenverhältnissen den Verteidigungszwecken entgegen kam. Außerdem ist der ursprünglich 944m lange, 38m breite und um 9,44m hohe Stadtwall dargestellt. Diesen Stadtwall hat Herzog Erich II. auf älteren Aufschüttungen seit 1574 als Teil einer neuen Stadtbefestigung herstellen lassen.
Über den Steinkuhlenberg
Ein Teil der alten Wehrbefestigung hat die Zeiten lange überdauert. Der südlichste Rest des alten Stadtwalls ist im Plan von 1898 unterhalb der heutigen Straßen „An der Liebfrauenkirche“ und Entenfang kreisförmig als Hügel eingezeichnet. Er wurde in Anlehnung an die vorgelagerte „Steinkuhle“, wohl einem Relikt des früheren Stadtgrabens, zu dem im Volksmund bekannten Steinkuhlenberg. In dieser Grundkarte ist auch der Weg „An der Steinkuhle“, der später Lindenallee, noch später zur Herzog- Erich- Allee wurde, zu erkennen. An der noch nicht ausgebauten Lindenstraße ist das Badehaus erkennbar. Rektorschule, Kreisschlauchpflegerei der Feuerwehr, die Villen an der Lindenstraße kommen erst später.
Der Redakteur der Leinezeitung, Dietrich Redeker, der unter dem Pseudonym „Leinus“ Beiträge zu Neustädter Geschichte(n) veröffentlichte, (um 1977), schrieb im Heft „Neustadt in heiteren Bildern“ folgende Geschichte:
Vor 77 Jahren (um die Jahrhundertwende) machte eine Fotografie (…) die Reise von Neustadt nach Lindenfels. Sie zeigt den Steinkuhlenberg, der einst beliebter Treffpunkt für die Neustädter Jungen und Mädel war und ein beliebter Rodelhügel, falls mal genügend Schnee lag. Dieser Steinkuhlenberg wurde in den Jahren 1922 bis 1924 im Zuge von Notstandsarbeiten (…) abgetragen. Die auch schon vor 55 Jahren recht fortschrittliche Stadt Neustadt hatte sich dafür eine Lorenbahn angeschafft und ließ nun- ein geborgtes Pferd zog die Loren über die rostigen Schienen- den Berg aus Lehm Stück für Stück in die nahegelegene Senke kippen. „Berg“ und Senke waren Reste der einstigen Befestigung der Herzogstadt. Das Ergebnis der Bemühungen der Stadt zu Beginn der 20er Jahre war die Schaffung eines städtischen Sportplatzes zwischen dem Amtsgericht und der Rektorschule (…). Der Steinkuhlenberg reichte übrigens nicht aus, um die ganze Senke des einstigen Festungsgrabens zu füllen. Eine weitere Lorenbahn war damals vom Rosenstein‘ schen Garten (heute Geschäftshaus Bock an der Marktstraße) zur Steinkuhlensenke verlegt worden Dieser Garten war ebenfalls ein Überbleibsel des ehemaligen Festungswalls, der bis an die Marktstraße reichte. In den letzten Jahren des ersten Weltkrieges , also bis Ende 1918, hatte dort in „schwindelnder“ Höhe (der ganze Berg war nur etwa zehn bis elf Meter hoch!) die in Neustadt liegende Maschinengewehr- Ersatzabteilung ein MG- Nest ausgebaut. (Aus „Das alte Neustadt in heiteren Bildern“ von Dietrich Redeker)
Hierzu schreibt Redeker: Das war der Steinkuhlenberg, der in den Jahren 1922 bis 24 zugunsten eines Sportplatzes abgetragen wurde. Links ein Stück der Mauer des Gerichtsgartens. Hinter dem Hügel, auf dem immer spielende Kinder anzutreffen waren, die Bäume des Amtsgartens.
Über die Bleiche
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war Wäschewaschen eine zeitraubende und körperlich anstrengende Arbeit. Insbesondere Bettwäsche, Tisch- und Handtücher waren aus Leinen. Um den grauen Farbton des Leinens aufzuhellen, musste der Stoff nach dem Waschen gebleicht werden. Die engen Hofstellen in der Stadt ließen ein Ausbreiten der Wäsche nicht zu. Dafür richtete der Magistrat Mitte des 18. Jahrhunderts die beiden Bleichplätze an der Schleuse und an der Steinkuhle ein. Jedoch war die Bleiche an der Schleuse schwerer zugänglich und konnte nur per Boot erreicht werden.
Schon 1840, wenn nicht noch früher, wurden die Stadtbleichen öffentlich gegen Höchstgebot auf drei Jahre, später sogar 6 Jahre verpachtet. Die Bleichzeit dauerte vom 1. Mai bis Ende Oktober. Für die Einteilung und Vergabe der Plätze sorgten dann die städtischen Bleicher. Sie hatten dafür eine Pachtgebühr an den Magistrat zu entrichten. Zu den Aufgaben, die sich u.U. ein Bleicher-Ehepaar teilte, gehörte auch das Befeuchten und Wenden der Wäschestücke. Besonders aber waren sie verantwortlich für die Bewachung der Wäsche. Für eventuelle Schäden und Verlust von Wäschestücken hafteten die Bleicher mit ihrem gesamte Vermögen, stellten doch die Textilien einen erheblichen Wert dar.
Dieses ist wohl das älteste Foto der Bleiche in Neustadt und der Steinkuhle. Es wurde vermutlich vom Steinkuhlenberg aus aufgenommen. Im Hintergrund die 1904 erbaute Katholische Kirche, die 1905 erbaute Rektorschule ist noch nicht vorhanden oder ist von den Bäumen verdeckt. Es könnte daher nur Ende 1904 oder Anfang 1905 entstanden sein. Der Bleicher, auch „Queckenpropper“ genannt, bewohnte seit den 1870er Jahren das kleine, später abgerissene Gebäude. Die Bleiche liegt wohl teilweise etwa auf dem Gelände der heutigen Feuerwehr und der „Rektorschule“ an der Lindenstraße.
Hier ist offensichtlich noch das Badehaus, direkt an der Straße gelegen, erfasst. Es ist noch 1908 unter der Adresse „Lindenstraße 17“ verzeichnet, (früher Lindenstraße 2), 1911 als geschlossen vermeldet. Heute befindet sich dort die Feuerwehr.
Das Foto zeigt die Bleiche nach 1905. Rechts im Bild sieht man die 1905 erbaute Rektorschule, schräg dahinter das Pastorenhaus. Im Hintergrund die 1904 erbaute Katholische Kirche an der Wunstorfer Straße. Die Wäsche wurde wohl nicht nur auf den im Foto hinten erkennbaren Gestellen, sondern auch unten in der Senke der Steinkuhle getrocknet und gebleicht.
Die „ der Stadt eigenthümlich gehörige bei der Steinkuhle belegene Bleiche“ wurde von 1894 bis 1900 von der Stadt Neustadt an den Bleicher Georg Hüne gegen einen jährlichen Pachtzins von 111 Mark verpachtet.
Die Neustädter Hausfrauen mussten an den Pächter zahlen:
- Platzgeld für einen Waschkorb voll Wäsche pro Nacht: 10Pfennig
- Platzgeld für Wäsche in mittelgroßen Körben pro Nacht: 2 Pfennig
- Platzgeld für jede Elle Leinen und Drell bis zur völligen Bleiche: 1 Pfennig
- Platzgeld für jedes Stück Garn bis zur völligen Bleiche: 2 Pfennig.
Mit der Pacht waren in 15 Paragrafen einige Verpflichtungen verbunden, z.B. alle Versicherungen und Steuern zu übernehmen. Gestellung und Unterhaltung von 120 Trockengestellen und Waschbänken, Reinhaltung des Abzugsgrabens aus der Steinkuhle, Sicherung der Bleichgegenstände und Einiges mehr. Nicht zuletzt musste Hüne den Seilermeister Louis Heinemann als Bürgen beibringen.
Den Hausfrauen, denen die Bleichwirkung durch die Sonne nicht ausreichte, bot passend dazu ergänzend die Chemische Fabrik vorm. Dr. Remy und Co, der Stadt zum „Bläuen von Bleiweiß“ das Mittel „Ultranin G und R säure -& alkalibeständig“ an. (NRÜ II 856)
Der Platz an der Bleiche war um die Jahrhundertwende auch Schauplatz großer Zirkusse, z.B. des Cirkus Blumenfeld, der außer mit der Beleuchtung von Siemens und Halske mit einer Gala – Paradevorführung wirbt. Auf der Bleiche gastiert auch der große Zirkus Böhmer, der von der Presse wohlwollend rezensiert wird:
„Neustadt a. R. 23.April Der Circus Böhmer gab gestern Abend hier seine erste Vorstellung, die gut besucht war. Die vorgeführten Pferdedressuren, die in jeder Weise gut ausgeführt wurden und sich mit größeren Unternehmungen in dieser Art messen können, ernteten allseits großen Beifall. Auch bei den übrigen Aufführungen war die Künstlertruppe bemüht, ihr Bestes zu leisten, so daß ein Besuch wohl zu empfehlen ist“.
Nicht zuletzt hat um 1920 herum hier auch ein Viehmarkt stattgefunden.
Mit der Abschlussklasse 8a der Stockhausenschule hat Lehrer Bergmann 1953/ 54 einen heimatkundlichen Streifzug durch Neustadts Vergangenheit zusammengestellt. Der Schüler Günter Franke berichtet unter „Vater Poppe erzählt“:
Neben der Schule, der Lindenstraße entlang, war früher eine Seilerei. Hinter dieser Schule war eine Bleicherei, die einem gewissen Hüne gehörte. Auf dem alten Sportplatz waren zwei große, metertiefe Wasserbecken. In dem Wasser spülten die Färberinnen ihre gefärbten Stoffe.
Für Seilerei und Färberei liegen hier aber keine Belege vor.
Seit wann die Bleiche aufhörte zu bestehen, ist nicht überliefert. Moderne Techniken wie z. B. Waschmaschinen haben seit Anfang des 20sten Jahrhunderts den Hausfrauen das Leben erleichtert. Die Bleichplätze als solche wurden nicht mehr benötigt.
Der Sportplatz
Von dem westlichen Festungswall war nach dem ersten Weltkrieg der sogenannte „Steinkuhlenberg“ noch vorhanden. Er wurde in den 20er Jahren abgetragen und in die westlich vorgelagerte Senke, einen Teil des Festungsgrabens, gekippt. Die Neustädter Jugend verlor zwar damit einen beliebten Rodelplatz, aber es entstand dafür der städtische Sportplatz. Er hat fast vier Jahrzehnte lang so manches Sportfest erlebt und war fast sonntäglich das Ziel der Fußballfreunde, bis er Anfang der 60er Jahre Bauplatz für die notwendige Erweiterung der Realschule wurde. (…) Ebenfalls in den 20er Jahren fiel ein weiteres Stück des alten Stadtwalles der Spitzhacke zum Opfer, der sogenannte Rosensteinsche Garten. Dieses Reststück des alten Walles reicht von Süden her bis an die Marktstraße und trug hier einen kleinen entzückenden Park (…) Winkel, S. 386.
Auch diese Wallreste wurden unter Protest der Bevölkerung zur Begradigung des Geländes um die Bleiche herum abtransportiert. Heute steht dort das das um 1955 gebaute Haus Marktstraße 29, früher Geschäftshaus Bock. (Im Gebäudeverzeichnis von 1908 ist die Nr. 29 ausgelassen, das heißt, es gab dort noch kein Gebäude. Auch Lindenallee und An der Steinkuhle gab es als Straßenliste 1908 noch nicht)
Klages schreibt, ohne sich auf ein genaues Entstehungsjahr festzulegen: „(…) wohl hatte die Stadt auf der früheren Bleiche einen Sportplatz angelegt (…)“(S 189) Der Sportplatz wurde wahrscheinlich 1922, kaum viel später, angelegt. Der ursprüngliche Nutznießer, der Männer Turn Verein, MTV, heute TSV, wich 1929 auf einen neuen Platz am Ende der Lindenstraße aus. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Anlage vom Fußballverein Wacker belegt.
Sport jeder Art spielte in Neustadt eine große gesellschaftliche Rolle, der Sportplatz diente jedoch nicht nur sportlichen Gelegenheiten, er war auch wie schon früher die Bleiche für Ereignisse anderer Art ein wichtiges Zentrum.
Im Juni 1937 war hier der Schauplatz einer öffentlichen Großkundgebung der Nationalsozialisten, die den ersten Kreistag in Neustadt a. Rbge mit Reichsorganisationsleiter Pg. Dr. Ley veranstalteten.
Bei dieser Veranstaltung wurde größter Wert auf äußere Gestaltung gelegt, dabei wurde vor der Kleinen Leinebrücke eine angeblich getreue Nachbildung des alten Stadttores erstellt, die Stadt mit Pylonen mit Gehänge und 300 Fahnen verkleidet. Die Presse hebt die besonders schöne Ausschmückung des städtischen Sportplatzes hervor.
Aus der Zeit unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs ist alten Neustädtern im Erinnerung geblieben, dass die in Neustadt am Rübenberge stationierte Militäreinheit aus Schotten bestand. In ihrer überlieferten Ausstattung mit Kilt, Kniestrümpfen, Käppis mit buntkarierten Bändern nahmen sie u.a. den Sportplatz in Beschlag. Mit Pauken, Trommeln und Dudelsack übten sie hier ihren Aufmarschformationen. Das gipfelte als „Big Tatoo“ als Treffen mehrerer Kapellen aus der ganzen Besatzungszone. Von diesem Ereignis wurde die Öffentlichkeit aber ausgeschlossen. Der gesamte Platz wurde mit Planen gegen unerwünschte Einsicht eingefasst, sogar oben auf dem Amtsgarten verdeckten Planen die Sicht auf das Geschehen. Das hinderte die Knaben jener Zeit aber nicht, trotzdem einen Blick auf das Ereignis zu riskieren.
Es ist nicht überliefert ob der Sportplatz für weitere Aufmärsche herhalten musste. Sportliche Ereignisse hatten Vorrang, Fußball und Feldhandball waren die beherrschenden Sportarten.
Liebevoll erinnert sich Frau Anita Duda, dass ihr Hund zur Belustigung des Publikums gerne mitspielte.
Aber hier wurde nicht nur Fußball gespielt. 1949 wurde ein Boxring aufgebaut und die Stadt Neustadt konnte sich über einen prominenten Gast freuen: Max Schmeling. Doch kam er nicht zum Boxen sondern fungierte er als Ringrichter bei fünf Boxkämpfen, die auf dem Patz der Bleiche durchgeführt wurden. Es wurden Straßen gesperrt und Neustadt hatte in großes Event zu feiern.
Später wird der Sportplatz wieder Stellplatz für Zirkusse. Am 19.August 1950 gastiert auf dem Städtischen Sportplatz der Circus Harry Williams. Bereits im April 1950 gibt sich der Zirkus Barum auf dem Sportplatz an der Mittelschule die Ehre, ein Jahr später April 1951 nochmals.
Auch Viehmärkte fanden auf diesem Gelöhnte statt. Belegt ist ein Viehmarkt aus dem Jahre 1920.
In der Ratssitzung vom 18.9.1950 wurde die Zahl der Klein- und Großviehmärkte auf drei jährlich festgelegt. Wann der letzte Markt hier stattgefunden hat, ist nicht mehr festzustellen.
Im Juni 1952 gaben Don- Kosaken- Reiter eine wilde Schau.
Über weitere Veranstaltungen wissen alte Neustädter noch zu berichten:
Im April1952 schlägt der Zirkus Brumbach auf dem Viehmarktplatz seine Zelte auf. Gut in Erinnerung sind auch noch die Vorführungen der heute noch weltberühmten Trabertruppe. Dieses Unternehmen ist heute noch bekannt für atemberaubende Motorradvorführungen auf dem Hochseil. In Neustadt wurde ein Seil vom Kirchturm zum Turm der Kreisschlauchpflegerei der Feuerwehr gespannt, auf dem waghalsige Kunststücke auf Motorrädern dargeboten wurden.
Erweiterung der Realschule
Die 1905 erbaute „Rektorschule“, später „Realschule“ und „Mittelschule“, erhielt aus den Beständen des alten Kreiskrankenhauses 1948 einen Barackenanbau als Erweiterung. Es handelte sich um eine von 4 Krankenhausbaracken, in denen seit 1942 vorwiegend Kriegsgefangene und Patienten mit ansteckenden Krankheiten behandelt worden waren. Sie stand etwa parallel zur damaligen Lindenallee und gab Raum für zwei Klassenräume.
1951 begann nach den Plänen des Architekten Lorey einen ersten Erweiterungsbau. Bereits 1950 waren erregte Debatten im Stadtrat vorrausgegangen, wobei es zunächst um die Anzahl der Räume, später besonders um die Vergabe der Bauleistungen ging. Es wurde anerkannt, dass der Betrieb 75 Flüchtlinge und 23 Lehrlinge beschäftigte, daher wurde der Auftrag an Baufirma Rahlfs vergeben.
- 1962 erfolgte ein weiterer Anbau.
- 1964 entschloss sich der Rat, den Sportplatz zu opfern, um dort einen großzügigen Erweiterungsbau zu errichten
Die Bauleute bekamen übrigens 1964 noch einmal die Qualität der einstigen Festungsanlagen zu spüren. An die Hundert bis zu elf Meter langen Betonpfähle mussten in den ehemaligen Festungsgraben (Steinkuhle) hineingetrieben werden, um den Schulbauten Halt zu geben. (Winkel S 392)
1966 wurde der Erweiterungsbau seiner Bestimmung übergeben.
1951 war die Fahrradwache von der Alten Wache zum Sportplatz verlegt worden, war hier aber nicht besonders beliebt und wurde bald eingestellt. Im Foto könnte es sich noch um deren Unterstellmöglichkeiten handeln.
Wie es weiter ging
Auch in Neustadt veränderte sich die Schullandschaft erheblich. An der Bunsenstraße wurden neue Schulgebäude in Betrieb genommen. Das Haus an der Lindenstraße war für den Schulbetrieb nicht mehr erforderlich. In das ursprüngliche denkmalgeschützte Haus der „Rektorschule“ zog die Kunst- und Musikschule ein. Das Gelände konnte an den Neustädter Unternehmer von Wedel mit der Firma IKN Kühlerbau verkauft werden. Er ließ die Anbauten aus den 60er Jahren als nicht mehr zeitgemäß und überflüssig abbrechen. So wurde eine attraktive Lage frei, um für sein Unternehmen ein modernes Verwaltungsgebäude zu errichten.
Wie auch schon beim Erweiterungsbau der Mittelschule machten sich hier im Vorfeld der alten Festungsanlage die schwierigen Bodenverhältnisse bemerkbar. Zwar konnten einige der alten Betonpfahlgründungen der Mittelschule wiederverwendet werden, aber unter einem Teil des Gebäudes mussten 20 bis 30 weitere Pfähle gesetzt werden. Im anderen Teil wurde der nicht tragfähige, aber auch kontaminierte Boden ausgetauscht. Eine darübergelegte 1m dicke Betonplatte sorgt nun für eine dauerhafte Standfestigkeit des Hauses.
In dieser neuen, 3- geschossigen „Denkfabrik“ werden im Mai 2015 120 Mitarbeiter einziehen. Eine Jahrhunderte alte Historie findet hiermit ein würdiges Ende. Der neue Anblick wird für Neustadt eine Bereicherung sein und wie die Leinezeitung schreibt: Eine Steilvorlage für die Stadtentwicklung.
(HD, März 2015)
Quellen:
- Eduard Klages
- Maschinengeschriebene Chronik der Stadt Neustadt a. Rbge 1950
- Wilhelm Winkel. Geschichte der Stadt Neustadt a- Rbge, 1966
- Dietrich Redeker, Das alte Neustadt in heiteren Bildern, um 1977
- Bettina Korff in der Leinezeitung vom 14. 8.1996
- Brieden u. A., Neustadt a. Rbge. Geschichte in Fotografien 2014
- Hartmut Dyck in ruebenberge, de, Geschichtliche Beiträge
- Regionsarchiv in Neustadt NRÜ II 856
- Leinezeitung 7.6.1937 und andere
- Beilage der hp 15.10.1955
- Familie Moldenhauer
- Herr Bielert
- Herr von Wedel
- Herr Wolfgang Ernst