Teil 1: Über das alte Rathaus, den Ratskeller und seine Wirte
Teil 2:  Der Ratskeller im 19. und 20. Jahrhundert
Teil 3: Pflichten des Kellerwirts im 17. Jahrhundert
Teil 4: Über den Ratskeller, Wirthe, Konkurrenz und Wappen

Der Ratskeller hatte auch im 19. und 20. Jahrhundert eine interessante Geschichte.

1884 bis 1892 war der Bürger und Bierbrauer Friedr. Püllmann Pächter.

1892 beantragte er beim Magistrat die Aufhebung des Vertrages und empfahl, seiner Schwiegertochter, der Frau Louise Püllmann, geb Pape, die Pacht zu übertragen. Zwar stellt der Magistrat fest, dass der Ehemann der Schwiegertochter ein Verschwender und unter Curatel zu stellen sei. Er befürwortet aber den Pachtübergang, weil sie sonst keinen Lebensunterhalt für sich und ihr Kind hat.

Im Mai 1894 wurde die städtische Rathskellerwirtschaft für die Zeit vom 1. Januar 1895 bis 31. Dezember 1900 zur Verpachtung versteigert, an der sich 5 Interessenten überboten. Frau Püllmann erhielt bereits am 2. Juni 1894 die Konzession zum Betriebe der Gast = und Schankwirthschaft in dem Hause Nr. 4 zu Neustadt a. R. (Rathskeller)

Am 9. März 1904 erhielt der Kaufmann Adolf Rogge aus Wunstorf die Schankerlaubnis [101]. Am 5.12 1906 wird er aufgefordert, sie wieder zurückzugeben.

Herr Hugo Teumer ersuchte am 3.10.1906 um die Konzession, am 9.2.1908 auch um die Nachtragskonzession für den Betrieb auf dem Erichsberg. Hier sei jedoch nur ein stundenweiser Ausschank vorgesehen.

Am 6. 12 1912 beantragt Bernhard Nielebock die Konzession und erhält sie bereits am 29. Jan 1913. In einem Nachtragsantrag erinnert er ebenfalls an die Ausdehnung der Konzession auch auf das Kegelhaus auf dem Erichsberg.

(Die Sommerwirtschaft auf dem Erichsberg, der nördlichen Bastion der einstigen Stadtbefestigung aus dem 16. Jh., war wirtschaftlich seit langem mit dem Ratskeller verbunden. Darüber und über den Erichsberg werden wir an anderer Stelle berichten.)

Der Grundriss des Ratskellers hat sich seit seinem Bau im Jahre
1727/28 wohl kaum verändert.

Historischer Grundriss des Ratskellers in Neustadt am Rübenberge

Historischer Grundriss des Ratskellers in Neustadt am Rübenberge von 1913

Unter den 22 „Gast- und Schankwirtschaften sowie Kleinhandlungen mit Spirituosen“ im Jahre 1930 war der Ratskeller mit einer angegebenen Grösse des Betriebes von 120 qm nicht der kleinste, wurde aber von Brüner (früher „Hotel zum Stern“) und Nülle (heute Standort der Volksbank), erst recht von Lüders (heute Calenberger Stuben) mit seinen 590 qm übertroffen.[102]

Dem Gesuch des Ehepaares Nielebock sind auch die Passfotos beigefügt. [193]

Gesuch des Ehepaars Nielebock zum Ratskeller im Rathaus Neustadt

Gesuch des Ehepaars Nielebock zum Ratskeller im Rathaus Neustadt

Im Juni 1932 ersucht Frau Nielebock um Vertragserlaubnis anstelle ihres am 27.12.1931 verstorbenen Mannes. [104]

Das seinerzeitige Preisniveau veranschaulicht der Auszug aus einer Monatsrechnung für einen Gast, dem täglich etwa folgender Verzehr notiert wurde : [105]

z. B. :
18. Dez. 9 gr.Korn, 5 kl Biere RM 2,10
19. Dez 10 gr. Korn, 3 gr, B Cigr 2,70
20. Dez 10 gr. Korn 2 gr B, 2 kl. B 4,30
29. Dez 3 gr. Korn , 1kl Bier 0,60

Im Juli 1936 übernimmt Ernst Jergolla den Ratskeller mit Gast- und Klubzimmer im Erdgeschoss, Saal und Klubzimmer , Schankraum im Obergeschoss und Wirtschaftsbetrieb auf dem Erichsberg. Auch Herr Jergolla fügte seinem Antrag einen gleichartigen Grundriss des Hauses bei. Auffällig ist hier, dass in zwei Obergeschossräumen wohl auch das Kreismuseum untergebracht war.

Historische Postkarte Neustadt am Rübenberge mit Blick auf Rathaus und Ratskeller

Historische Postkarte Neustadt am Rübenberge mit Blick auf Rathaus und Ratskeller und Heimatmuseum von ca. 1938

Das Rathaus beherbergt noch das Heimatmuseum.

Im Januar 1938 teilt der Bürgermeister mit, dass das Rathaus mit seinen Verwaltungsräumen, also auch der Ratskeller, zur Zeit umgebaut werde. Mit der Ausweitung der Verwaltungsaufgaben war das alte Rathaus zu klein geworden, es wies neben dem Ratskeller, einem kleinem Sitzungssaal und der Wohnung für den Ratskellerwirt nur 3 Büroräume auf, sodass ein neues Verwaltungsgebäude in Auftrag gegeben werden konnte. [106]. Daher kann im Juni 1938 Heinrich Rinne um die erforderlichen Erlaubnisse für die neugestalteten Räume nachsuchen, die er auch im Okt.1938 erhält.

Das Ehepaar Rinne war bis in die 50er Jahre des 20.Jh. Pächter des Ratskellers. Ihm folgten noch einige andere Pächter. Der grosse Saal im Obergeschoss, der auch über die Aussentreppe zu erreichen war, wurde lange Zeit für Tanzstunden genutzt. Er diente auch regelmässig dem Männergesangverein als Übungslokal, gelegentlich tagte noch der Stadtrat im „alten Ratssaal“, Vereinen stand er für Versammlungen zur Verfügung.

Nach der umfassenden Renovierung des Gebäudes wechselten sich nochmals die Pächter mehrfach ab. Dann wurde die Wirtschaft vom Ehepaar Nehring übernommen, welches den „Ratskeller“ bis heute erfolgreich bewirtschaftet.

Teil 1: Über das alte Rathaus, den Ratskeller und seine Wirte
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